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BONIFATIUS

-        Das Musical

 

Fulda, Schlosstheater, 17. Juni 2004

 

Eine Musical-Uraufführung in Fulda?? Darunter konnte ich mir nicht viel vorstellen, aber da Fulda in unserer unmittelbaren Nähe liegt, wollten wir es uns trotzdem nicht entgehen lassen. Die Besetzungsliste wies auch schon ein paar Namen von Musical-Darstellern auf, die uns sehr bekannt waren: Reinhard Brussman (aus Les Miserables), Stefan Poslovski (aus Tanz der Vampire), Leah delos Santos (aus Schöne & Biest und Jekyll & Hyde).

 

Der Grund dieses Musical aufzuführen, ist der 1250. Todestag von Bonifatius, dem Apostel der Germanen und Gründer von Stadt und Kloster Fulda.

 

Wir wollten uns also mal überraschen lassen und reisten an diesem recht unfreundlichen Tag nach Fulda. Parkplatz und Schlosstheater hatten wir auch schnell gefunden. Das Theater war bis zum letzten Platz ausverkauft. Pünktlich begann dann auch die Vorstellung:

 

Die Handlung beginnt in der Jetztzeit. Ein Junge in Bettelmönchkutte kommt auf einen Platz und bietet dort eine Bibel zum Verkauf an. Die späteren Hauptdarsteller kommen in Alltagskleidung vorbei und schauen sich mehr oder weniger interessiert dieses Buch an – kaufen möchte niemand. Da kommt ein Mann (Reinhard Brussmann), der einen Blick hinein wirft und dann daraus vorliest: „Herr, selig sind die geistig Armen, denn ihnen gehört das Himmelreich....“ Das weckt den Unmut einer Gruppe radikaler Jugendlicher, die den Mann zusammenschlagen – dann kommt die Rückblende.

 

Willibald, der Biograf von Bonifatius, erzählt uns, während er noch schreibt, die Geschichte – ja er nimmt sogar noch Änderungen an seinem Buch vor. Germanien im 8. Jahrhundert. Bischof Bonifatius kommt nach Germanien, um den christlichen Glauben zu verkünden.

 

Willibald ist eine sehr interessante Figur. Ganz in eine schwarze Mönchkutte gehüllt erscheint er immer wieder auf der Bühne. Artur Ortens ist eine gute Wahl für diese Rolle – leicht verschlagen wirkend, mit einer unheimlichen, charismatischen Stimme.

 

Das Bühnenbild war denkbar einfach gehalten. Es bestand aus drei rot und weiß gestrichenen bühnenhohen Rechtecken, die durch jeweils vier als Mönche verkleideten Bühnenhelfern gedreht und verschoben wurden. Mit diesen Elementen wurden Räume gebaut und Gänge erzeugt, durch die die Darsteller auftreten konnten. Einfach, aber völlig ausreichend.

Die Musik ist schwer zu erklären. Manchmal klang es nach irischer Folklore, dann wieder modern wie im „Work“ aus Gaudi, dann aber auch wieder sehr melodisch. Leider war kein Orchester vor Ort, aber das wäre wahrscheinlich für eine solche Produktion zu viel verlangt.

 

Bonifatius ist mit seinem Gefährten Sturmius (Arne Stephan) auf dem Weg zu Karl Martell, dem fränkischen Hausmeier, der ihn bei seinen Missionen unterstützen soll.

 

Der Königshof wird auch wieder mit einfachsten Mitteln dargestellt – einzig die Figur des Karl Martell ragt aus allem hervor. Auch hier wurde der Darsteller wieder exzellent ausgewählt. Frank Lang ist sehr groß und wirkt mit seiner schwarzen Pagenkopf-Perücke sehr majestätisch. Und eine tolle Stimme hat er noch dazu!

 

Reinhard Brussmann als Bonifatius mit langen Haaren und weißem Mönchsgewand mit grobem Umhang – absolut überzeugend. So stellt man sich Bonifatius vor!! Wunderbar und bei Bedarf alle übertrumpfend seine kräftige Stimme mit dem rollenden „R“.

 

Zusammen singen Karl Martell und Bonifatius das Lied „Ein Mann, ein Wort“, das das Bündnis zwischen Kirche und weltlichem Herrscher beschreibt. Karl Martell gibt Bonifatius seine beiden Söhne Pippin und Karlmann zum Geleit mit.  Zusammen wollen sie durch Germanien ziehen und den Glauben vermehren. Karl Martell hofft außerdem, dass seine Söhne in der Hand des Kirchenmannes zu Männern reifen.

 

Karlmann (Oliver Grice) und Pippin (Christian Burkhardt) sind die lustigen Figuren in der Geschichte. Ihnen passieren immer wieder mal kleine Missgeschicke oder sie haben lustige Unterhaltungen.

 

In einem Gasthaus an der Fulda wohnt das Geschwisterpaar Luidger (Ignazio Caporrimo) und Alrun (Leah delos Santos). Alrun träumt von einem anderen Leben in ihrem Lied „Wann trägt der Wind mich fort“ - eine wunderschöne Ballade. Ganz klar, dass sich der schüchterne  Sturmius sofort in das schöne Mädchen verliebt.

 

Auch hier wieder großartige Besetzung! Leah delos Santos in dieser eigentlich sehr kleinen Rolle, aber mit ihrer wunderschönen Stimme zieht sie das Publikum schnell auf ihre Seite.

 

Als Bonifatius und seine Begleiter in dem Gasthaus eingetroffen sind, hört man im Hintergrund dumpfe Musik. Willibald, der Erzähler, klärt uns mit seiner unheimlichen Stimme auf, dass das die „Heerscharen des Odin“ sind, die plündernd durchs Land ziehen und als Fußspuren nur Gräber zurücklassen.

 

Aus dem Hintergrund tauchen die umherstreifenden Germanen auf, die wirklich sehr wild aussehen. Ihr Herzog, Radbod, ist mit seinen Getreuen auf dem Weg zur Donar-Eiche, um dort den Göttern zu opfern – Menschenopfer!

 

Bonifatius ist entsetzt als er das hört. Er will das Treiben unterbinden und bricht mit seinen Gefährten und  mit Luidger als Führer auf, um auch zur Donar-Eiche zu gehen. Dort können sie ein unheimliches Schauspiel beobachten.

 

 

 

Diese Musik ging wirklich durch Mark und Bein und man bekam die Melodie auch nicht mehr aus dem Kopf. Dum-di-di-dum-dum klang das und gesungen wurde (fast wie Sprechgesang): „Heil den Asen, heil den Nornen....“ Dazu kam dann noch der dröhnende Bass des Radbod (Frank Bahrenberg), der als Germane mit kurzem Rock, Umhang und langem roten Bart über die Bühne tanzte.

 

 

Absolut klasse die Szene!! Das Ensemble tanzt als Germanen verkleidet singend und tanzend um das junge Mädchen, das geopfert werden soll. Radbod hebt schon das Schwert, um das Mädchen zu töten, als Bonifatius dazwischengeht. Es kommt zum Streitgespräch zwischen den Beiden über Götter, Götzen und Opfergaben.

Da greift Bonifatius zu einer Axt – die Willibald ins Spiel bringt J - und fällt die Donar-Eiche. Damit beweist er, dass in dieser Eiche kein Götze wohnen kann. Die Germanen lassen sich überzeugen und kommen zu Bonifatius, um sich taufen zu lassen – sein Gott scheint stärker zu sein als Donar. Radbod lässt sich nicht bekehren.

 

Bonifatius zieht weiter durch das Land und tauft immer mehr Heiden. Eines Tages trifft er seine Cousine Lioba (Manuela Floryan), die ihn bei seiner Arbeit unterstützen will.

 

Die Szene nun ist so gut gemacht, dass wirklich alle lachen müssen. Willibald schreibt an seinem Buch und sieht nebenbei zu, wie sich seine Geschichte entwickelt. Als Lioba auftaucht, merkt man Bonifatius an, dass er sich mehr freut, als bei einer Cousine üblich. Er will auch gerade nach einem Strauß Blumen greifen, den Sturmius für die von ihm verehrte Alrun mitgebracht hat, als Willibald in die Geschichte eingreift. Er hält die Figuren mit einer Handbewegung an – alles steht für einen Moment still. Willibald streicht die Szene mit den Blumen mit lautem Federstrich aus dem Buch!! Er nimmt Bonifatius dann noch die Blumen aus der Hand und vergrößert den Abstand zwischen Lioba und Bonifatius. Dann dürfen sie ihr Lied singen: „Es ist schön dich mal wieder zu sehen“. Zufrieden über das nun keusche Zusammentreffen steht Willibald grinsend im Hintergrund.

 

Als Bonifatius wieder einmal Heiden taufen will, taucht eine Frau (Kerstin Frank) mit einem Säugling auf dem Arm auf und beschuldigt den Bischof von Mainz, dass er sich am Volk bereichere und es unterdrücke. Ihren Mann habe er auf dem Gewissen, weil die Forderungen einfach zu hoch waren. Bonifatius ist entsetzt und kann es gar nicht glauben. Sofort bricht er nach Mainz auf, um sich selbst zu überzeugen.

 

In der nächsten Szene können wir Bischof Gewilip (Stefan Poslovski) sehen, der in seinem großen Bett fast nackt mit Freunden und Freundinnen feiert und sich einen Dreck um die anderen schert. In seinem Lied singt er davon, dass er keine Hungersnot kennt und es sich immer gut ergehen lässt. Gott ist ihm egal – sogar schlimmer noch J.

 

Stefan Poslovski, der Alfred aus dem „Tanz der Vampire“, in einer ganz anderen Rolle und mit einem ganz anderen Aussehen – für uns sehr gewöhnungsbedürftig. Aber er hat diese Rolle so überzeugend und mit so viel Spaß an der Rolle gespielt, dass man sie ihm ohne weiteres abgenommen hat. Rasierte Glatze, Ohrring und lackierte Fingernägel – ein obszöner Bischof J. Stimmlich sehr gut!

 

Bonifatius, Sturmius, Karlmann und Pippin kommen bei dem dekadenten Treiben dazu und sind entsetzt. Bonifatius droht Gewilip diesem Treiben ein Ende zu setzen, aber Gewilip verhöhnt ihn nur.

 

Bonifatius wird von Selbstzweifeln geplagt. Er betet zu Gott mit seinem Lied „Gib mir Kraft, Herr, deinen Namen in alle Welt zu tragen...“ Er gibt seinem Gehilfen Sturmius den Auftrag, zwei Briefe nach Rom zum Papst zu bringen. Er will den Mainzer Bischof Gewilip absetzen lassen und bittet darum, in Fulda ein Kloster gründen zu dürfen. Sturmius, Karlmann und Pippin brechen nach Rom auf – Bonifatius singt sein Gebet weiter.

 

Das Lied ist so ein Ohrwurm, dass ich ihn einfach nicht vergessen kann. Die Stimme von Reinhard Brussmann bringt das Lied aber auch so eindrucksvoll, dass man es immer und immer wieder hören möchte.

 

 

- Pause -

 

 

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