Gudrun Kauck: Gerard Butler, One more kiss, Film, Review, Kritik, Inhalt       

 

ONE MORE KISS

Untertitel: The keys to life are the simplest of things

 

Spielfilm, Großbritannien 1999

mit Gerard Butler, Valerie Edmond, James Cosmo

 

 

Dies sind meine sehr persönlichen Bemerkungen zu diesem Film. Ich kannte den Film nicht, noch hatte ich etwas darüber gehört – ich schaute ihn einfach, weil da wieder „Gerard Butler“ draufstand J.

 

Der Film beginnt in New York, wo eine junge Frau auf dem Dach eines Wolkenkratzers steht und den Eindruck erweckt, als würde sie fliegen wollen. Sie will auch fliegen – nämlich nach Schottland! Sie bricht die Brücken hinter sich ab und will in ihre Heimat Schottland zurückkehren – um dort zu sterben. Aber das erfahren wir erst später.

 

In einem kleinen Dorf in Schottland – Berwick-Upon-Tweed – geht das Leben in ruhigeren Bahnen. Sam (Gerard Butler) und seine Frau Charlotte (Valerie Gogan) betreiben ein kleines Restaurant, „One night out“, sind glücklich und zufrieden. Bis eines Abends eine Frau vor der Tür steht, Sam um den Hals fällt und mehr oder weniger enttäuscht ist, als der ihr seine Frau vorstellt. Sarah (Valerie Edmond) ist die Jugendliebe von Sam. Sie hat ihre Heimat und auch Sam vor sieben Jahren verlassen, um ein neues Leben anzufangen.

 

Schon vom ersten Moment an war mir diese Frau unsympathisch! Die kommt da reingeschneit und meldet ihre alten Besitzansprüche wieder an. Sam’s Frau ahnt was da auf sie zukommt – das sieht man ganz deutlich – und sie tut mir in diesem Moment auch schon leid, weil man merkt, dass Sarah stärker sein wird und dass sie verlieren wird.

 

Auf die Frage, ob sie glücklich ist, antwortet sie „nein“ – aber sie wüsste nun, was sie brauchen würde, um glücklich zu sein. „I’am dying“ – erklärt sie fast lapidar dem erstaunten Sam. Und auf die Frage von Charlotte, ob ihr hier geholfen werden könnte, meint sie nein, aber „ I would like to spend some time with your husband“.

 

Also ich weiß nicht, wie ich da reagieren würde, aber ich brodele schon jetzt innerlich, wenn ich mir das vorstelle. Charlotte auch – das merkt man.

 

Und auf die Frage, wie lange das denn sein würde, meint Sarah schlicht und einfach aber sehr bestimmt: „The time that I’ve left.“ Sam wird gar nicht erst gefragt, der sitzt auch nur da und weiß nicht, was er dazu sagen soll. Charlotte resigniert – sie scheint hin- und hergerissen zwischen Mitgefühl und Wut über so viel Dreistigkeit.

 

Hallo??? Geht’s noch?? Das kann doch wohl nicht sein, dass da jemand kommt und sich einfach in das Leben zweier Menschen einmischt, „nur“ weil er selbst krank ist und nicht mehr lange (aber das wissen wir ja nicht mal) zu leben hat! Mehr Egoismus kann ich mir nicht vorstellen! Ich habe mal versucht, mich an die Stelle der drei Personen zu setzen und mich gefragt, wie ich in der jeweiligen Situation reagieren würde.

Sam: Wie er wirklich reagiert erfahren wir später, aber wie er zu reagieren gehabt hätte, das ist etwas anderes. Er hätte sich klar hinter seine Frau stellen müssen und sagen, dass das nicht in der Form möglich ist. Er hat sich zu einem Leben mit Charlotte entschieden – Sarah ist kein Teil seines Lebens mehr. Sie kann ihn besuchen – jederzeit – aber sie kann nicht bestimmen, was und wie er es zu machen hat.

Charlotte: Sie hat so reagiert, wie ich auch reagiert hätte – hilflos. Da wird man vor eine fertige Situation gestellt und kann nur noch die Böse sein. Die andere Frau ist stärker, sie hat noch immer mehr Einfluss auf den eigenen Mann – das spürt man ganz deutlich. Und die andere nutzt auch noch eine Notsituation schamlos aus. Charlotte tut mir wirklich leid - sie kann nur verlieren – und nicht Sarah.

Sarah: So würde ich niemals reagieren. Ich weiß, dass ich mich zurückziehen würde und still und leise alles regeln würde. Vielleicht würde ich noch eine große Reise machen oder einen Brief an einen Menschen schreiben, der mir viel bedeutet – aber ich würde nicht hingehen und sagen: So! Ich sterbe und vorher machst du noch das und das und das für mich! Sam, dieser Trottel, ist der erste auf ihrer Liste – er wird abgehakt wie alle anderen Punkte, die sie noch zu erledigen hat.

Was ich allerdings auch so machen würde wie Sarah, wäre die Vorbereitung der Beerdigung. Das finde ich gut und den Mut hätte ich auch, das alles vorher zu regeln. Das spart den Erben eine Menge Arbeit J.

 

Dann geht Sarah nach Hause zu ihrem Vater Frank (James Cosmo), der seine Tochter sehr vermisst hat und einsam und zurückgezogen gelebt hat.

 

Sam ist auch sehr unsicher geworden und fragt seine Frau, wie sie denn reagiert hätte an seiner Stelle. Sie reagiert sehr hart – hätte sie das mal gleich zu Sarah so gesagt! – und Sam fragt sie, wo die mitfühlende Frau sei, die er geheiratet hatte. Aber er sagt ihr auch, dass sie keine Angst zu haben brauche, weil er sie doch liebe.

 

Sarah bringt rücksichtslos die ganze Welt ihrer Umgebung in Unordnung. Der Vater soll Sushi essen, weil sie das will, aber er kann es nicht (I don’t like fish), weil er gegen die Japaner gekämpft hat und nun nicht deren Essen haben will. Sie hält ihm vor, dass er nichts aus seinem Leben gemacht habe. Jeder bekomme nur eine Chance im Leben, und er habe sie nicht genutzt.

Wie kommt diese Kröte dazu über andere Menschen zu urteilen? Was gibt ihr dazu das Recht? Nur dass sie bald sterben wird, gibt ihr keine besonderen Rechte!

Und fast nebenbei erwähnt sie, „I’m going to die, Frank!“. Dass der Vater sehr entsetzt guckt, kann man sich vorstellen, oder? Aber er ergreift eine Initiative und geht in eine Selbsthilfegruppe für Krebskranke. Er will wissen, welche Möglichkeiten der Heilung es gibt. Sarah besucht diese Gruppe später auch.

 

Dann wieder eine schöne Szene: Frank besucht Sam in seinem Restaurant. Er sieht ein großes Gemälde an der Wand – eine Frau und ein recht lüsterner Mann, der sich an den Hals der Frau schmiegt. Frank fragt, ob er das Bild gemalt hätte – nein – und wer ist der Mann? – das weiß ich nicht – ja, warum hängst du das Bild dann auf?

Zu diesem Zeitpunkt hat das Bild noch keine Bedeutung. Die wird uns dann erst später bewusst gemacht.

Frank ist erstaunt, dass Sarah Sam schon besucht hatte und er auch über ihre Krankheit Bescheid weiß.

 

Dann der einzige sympathische Moment im ganzen Film von Sarah. Sie entschuldigt sich bei Sam (hätte sie mal auch bei dessen Frau machen sollen!) Sie hätte nicht gewusst, dass er verheiratet wäre (das hat man deutlich gemerkt) und er solle alles vergessen. Naja, dass das nun zu spät ist, hat sie wahrscheinlich schon wieder gehofft *grr*

Sam hat sie dann doch abgeholt und sie fahren mit dem Auto ans Meer. Im Auto läuft eine bekanntes Lied und beide singen mit – da hört man auch schon mal Gerard singen J.

Bei einem Spaziergang am Meer hält Sarah ihm dann mehr oder weniger vor, dass er ihr ja nach Amerika hätte folgen können. Er sei sicher noch böse auf sie, weil sie ihn verlassen hätte. Nein, natürlich ist er ihr nicht böse (der Trottel fällt ja auch gerade wieder auf sie rein L)

 

Sie verbringen offensichtlich viel Zeit zusammen, denn man sieht sie Fallschirmspringen.

Die Frau ist echt so fies!!! Sie tut so, als wäre sie nach der Landung nicht bei Bewusstsein. Sam ist sehr beunruhigt – und was macht Sarah? Sie schlägt die Augen auf und verkündet: „You have been no good in a crises.“

 

Charlotte ist dann auch mehr als überrascht, dass Sam „sky diving“ überhaupt gemacht hat. Joa, große Klappe hat er noch- „das kann doch jeder“. Charlotte meint dann ganz enttäuscht, dass er sie nie gefragt hätte, ob sie mit ihm Fallschirm springen wolle. Die Kluft wird immer tiefer. Sam erklärt ihr, dass Sarah eine Liste habe, auf der das Springen ein Punkt gewesen sei. Der Blick von Charlotte sagt alles (ich kann die Frau so gut verstehen!) „Und wie lang ist diese Liste??“

 

Sarah durchstöbert den Dachboden und findet Liebesbriefe einer Shirley an Frank. Ohne zu zögern mischt sie sich in sein Leben ein.

Die Szene mit der Auto-Waschanlage ist einerseits lustig, aber andererseits sieht man auch hier wieder, wie rücksichtslos Sarah mit anderen umgeht. Die Scheibe an Franks Seite lässt sich nicht schließen und er wird ganz nass in der Waschanlage – Sarah stört das wenig.

 

Während sich Frank und Sam Gedanken darüber machen, wie Sarah zu helfen wäre, macht sie sich Gedanken, was es an ihrer Beerdigung zu Essen geben soll. Sam ist ziemlich schockiert als er das hört. Er meint dann nur noch, dass es ihn nicht wundern würde, wenn sie auch schon einen Sarg gebaut hätte. Frank: „She did. Do it yourself coffins – 170 £“.

 

Sarah trifft einen anderen Krebskranken aus der Selbsthilfegruppe. Der jammert rum, dass er doch nichts gemacht habe und warum ausgerechnet er. Wieder so ein Extrem, aber immer noch leichter zu verstehen als die Art von Sarah. Später wird er seinem Leben selbst ein Ende setzen.

 

Sam – nun doch mit einem schlechten Gewissen – schenkt seiner Frau einen Schal. Die fragt aber gleich nach, wofür der sei. Doch, sie kennt ihn gut und er verplappert sich auch gleich, dass er auch einen für Sarah gekauft habe. Und Charlotte reagiert prompt und schmeißt ihm das Teil um die Ohren!

 

Sarah hat längere Gespräche mit ihrem Vater. Sie erklärt ihm, dass sie ihn nie vergessen habe und immer nur für ihn erfolgreich sein wollte. Später bringt sie ihn dazu, sich wieder an Shirley zu erinnern – nicht leicht für Frank.

 

Und Sarah verbringt sehr viel Zeit mit Sam – während Charlotte zuhause auf ihn wartet. Sarah wickelt ihn förmlich ein. Sie hätte sich eigentlich vom Empire State Building stürzen wollen – aber dann hätte sie an die Zeit mit Sam gedacht und es gelassen. Spät in der Nacht kommt er zurück – die Kluft ist wieder größer geworden. Charlotte fühlt sich zur Seite geschoben, obwohl sie sich alle Mühe gibt, seine Aufmerksamkeit zu erhalten. Und als er sie einfach stehen lässt und ins Bett geht, findet sie in seinem Jacket ein Foto, das genau dem Gemälde im Restaurant gleicht – Sarah und Sam!! Spätestens jetzt wird Charlotte bewusst, dass sie ihn schon verloren hat.

 

Am nächsten Tag trifft sie ihre Widersacherin auf der Straße und spricht sie auf die Liste an. Vor Wut weiß sie nicht ein und aus – geht dann sogar in die falsche Richtung weiter. „It’s not okay! Okay?“

 

Der sehr erstaunte Frank überrascht Sarah dabei, wie sie ihre Abschiedsrede und die Anweisungen für die Beerdigung aufzeichnet - schön zurecht gemacht, mit einem Glas Sekt in der Hand. Frank nimmt das sehr mit. Er kann das gar nicht verstehen.

Im Gegenzug, dass Sarah zu einem Spezialisten gehen wird, will sie ihn zwingen, Shirley anzurufen – sie will dass er sein Leben wieder in die Hand nimmt.

 

Sam genießt die Zeit mit Sarah, aber er vernachlässigt sein Restaurant. Charlotte hält ihm das vor und auch, dass er sie überhaupt nicht mehr wahrnehmen würde, aber alles was ihm einfällt, ist zu sagen: „Aber sie wird doch sterben.“ Charlotte reagiert wütend: „Dann soll sie doch!“ (genau das hätte ich auch gesagt – schon viel früher!!)

 

Dann hat Sam Karten für eine Opernaufführung bekommen. Weder er noch Charlotte sind wirkliche Opernfans, aber sie beschließen trotzdem hinzugehen. Sam verspricht Charlotte pünktlich hinzukommen – seinen guten Anzug hat er extra mit ins Lokal genommen. Aber wie nicht anders zu erwarten, kommt ihm Sarah dazwischen. Sie möchte „Bavoir“ probieren – und Sam tut ihr den Gefallen. Gemeinsam werkeln sie in der Küche und er vergisst die Zeit und Charlotte.

 

Dann erklärt Sarah ihm noch, dass sie zu Tests ins Krankenhaus gehen wird und er ihr noch Glück wünschen soll. Sie geht – und er wollte eigentlich in die Oper, dreht aber in die andere Richtung und folgt ihr doch noch zu dem einsamen Haus am Strand. Charlotte sitzt in der Aufführung mit dem leeren Platz neben sich und wartet – wartet bis sie erkennt, dass er nicht mehr kommen wird.

Diese Szene ist eindrucksvoll, sehr anrührend und so typisch für den ganzen Film. Die Musik unterstreicht die Stimmung und unwillkürlich steigen die Tränen in die Augen. Alles was da auf dem Schirm passiert ist falsch! Am liebsten würde man eingreifen und die Leutchen in die richtige Richtung schicken!!

Charlotte verschwindet aus Sams Leben während er sich mit Sarah in dem einsamen Haus vergnügt. – und man weiß schon jetzt, dass später keine der Figuren glücklich sein wird – die Musik unterstreicht das sehr eindrucksvoll.

 

Sarah und Frank sind im Krankenhaus und Sarah wird davon überzeugt, dass sie sich operieren lassen soll. Widerwillig lässt sie es geschehen – und sie erwacht nach der schweren OP auch wieder. Sam ist am Krankenbett. Er bereut, dass ihr nicht nach Amerika gefolgt ist. Alles scheint gut zu werden – wird es nicht.

Die nächste Szene ist nach der Beerdigung von Sarah. Frank und Sam sitzen am Tisch und essen, was Sarah vorbestimmt hatte und sie trinken Champagner und Bourbon. Dann wird der Film gezeigt, den Sarah selbst aufgenommen hat und mit dem sie sich von allen verabschiedet. Sam hat sie die Liste hinterlassen, auf der alles stand, was sie vor ihrem Tod noch unternehmen wollte. Vieles ist gestrichen – nicht alles konnte sie noch erledigen, aber wer hat schon „Krieg und Frieden“ gelesen J.

 

Und dann kommt Sam nach Hause und ist allein. Charlotte hat ihn verlassen…..

 

Frank fährt nach New York in die Wohnung von Sarah. Er schaut sich an, wie seine Tochter gelebt hat und er entschließt sich, Shirley anzurufen, die sich auch gerne an Frank erinnert….

 

Mir hat sehr gut gefallen:

Die wunderschöne Landschaft - die ruhige Stimmung - die sehr passend ausgewählte Musik, die die Stimmung so schön unterstreicht und deutlich macht – die Schauspieler, die sehr gut zu ihren Rollen gepasst haben.

 

Mich hat geärgert:

Die Art und Weise, wie die Figur Sarah mit den anderen Personen umgegangen ist. Sie stellt sich völlig in den Mittelpunkt. Alles hat nur noch so zu passieren, wie sie es will – notfalls manipuliert sie mit der Ankündigung ihres Todes. Was hat sie denn Gutes hinterlassen? – nichts!! – höchstens, dass Frank den Entschluss fassen konnte, Shirley anzurufen.

 

Ich hab mir den Film bisher drei Mal angesehen und war jedes Mal hinterher fix und fertig – und das nicht, weil Sarah am Ende gestorben ist, sondern weil alles so gekommen ist, wie es nun gekommen ist. Warum musste sie sich in das Leben der Menschen einmischen, die ihr angeblich am Herzen lagen? Hätte sie das nicht gemacht und nicht so selbstsüchtig ihre letzten Wünsche verwirklicht, wäre vieles besser geblieben.

 

Soll ich vielleicht noch etwas zu Gerard Butler sagen? In diesem Film wirkt er noch sehr jung, aber man merkt auch hier schon sehr deutlich seine typische Ausstrahlung. Okay, manchmal könnte man ihm ein paar hinter die Löffel geben, weil er einfach nicht merkt, wie er als Werkzeug benutzt wird, aber das ist ja die Rolle, die er spielt.

Er passt soo gut in diese Landschaft und in die Umgebung mit den Steinhäusern und einsamen Stränden J.

 

 

02.04.2005 – G.K.