G E L N H A U S E N

 

- Stadtgeschichte, geographische Lage, Wirtschaft -

 

 

Geographische Lage und wirtschaftliche Bedeutung

 

Gelnhausen liegt an der Kinzig – 50° nördliche Breite, 26° östliche Länge.

Durch die ausgezeichnete Lage in der Mitte Deutschlands wurde Gelnhausen von vielen Fernverbindungen durchzogen – vier alte Handelsstraßen führten durch die Stadt und die Kinzig, die bis Gelnhausen schiffbar waren. Die Umgebung ist sehr fruchtbar, es konnte sogar Wein angebaut werden und Holz war in den umliegenden Wäldern ebenfalls ausreichend vorhanden.

 

Auch heute noch führen viele Fernverbindungen durch Gelnhausen oder zumindest daran vorbei- die A66, die starkbefahrene Autobahn, die die Anbindung von West nach Osten darstellt und die Bahnverbindung Frankfurt-Fulda, die seit 1866 einen Bahnhof in Gelnhausen hat, sowie die B40, die noch immer durch Gelnhausen führt.

 

Obwohl man heute denken könnte, dass Gelnhausen nach dem Mittelalter in einen Dornröschen-Schlaf gesunken ist – nein, das stimmt nicht ganz, denn Handel und Gewerbe gibt es noch immer in und um Gelnhausen und der Verwaltungssitz des Landkreises Main-Kinzig wurde inzwischen auch wieder nach Gelnhausen verlegt, weil dies auch in etwa dem geographischen Mittelpunkt entspricht.

 

Durch die Eingemeindung der umliegenden Orte Haitz, Roth, Hailer, Höchst und Meerholz Anfang der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts wurde das Stadtgebiet vergrößert. Die Einwohnerzahl beträgt heute ca. 20.000.

 

 

 

Die frühere Bedeutung von Gelnhausen

 

Durch Kaiser Friedrich I. Barbarossa bekam Gelnhausen am 25. Juli 1170 die Stadtrechte verliehen – sie wurde Freie Reichsstadt. Das bedeutete, dass die neue Stadt unmittelbar der Kaiser unterstellt war – also keinem anderen Territorialherrn. Gelnhausen erhielt sehr schnell wirtschaftliche und politische Bedeutung. Wirtschaftlich durch die sehr gute Anbindung an die Verkehrswege: die Kinzig war bis Gelnhausen schiffbar und die vier großen Handelsstraßen (unter anderem die Frankfurt-Leipziger-Straße) führten durch Gelnhausen. Politisch durch die Anwesenheit des Kaisers persönlich und seiner Vertreter, wenn der Kaiser gerade nicht anwesend war.

 

Die Gelnhäuser Bürger erhielten viele Privilegien, die das Leben im Mittelalter angenehmer machten:

  • Gelnhäuser Bürger durften zollfrei reisen
  • Jeder Bürger durfte seinen Besitz frei vererben
  • In Gelnhausen war es nur dem Kaiser oder seinem Vertreter gestattet, Recht zu sprechen
  • Das Zoll-, Münz- und Forstwesen wurde vom Vertreter des Kaisers, dem Villicus, beaufsichtigt
  • er stand auch dem Gericht vor
  • und er vertrat die Stadt rechtlich und politisch nach außen

 

Diese Privilegien unterschieden die Einwohner der freien Reichsstädte von den übrigen Bewohnern des Landes, die einem Vogt, Fürsten oder Grafen unterstellt waren und somit fast Leibeigene waren. Im Jahr 1180 fand ein bedeutender Reichsstag in Gelnhausen statt.

 

Fast 200 Jahre blühte die Stadt und wuchs innerhalb der Stadtmauern, die schon bald recht eng wurden. Unter Karl IV. ging der Einfluss der freien Reichsstädte schnell zurück, weil er sein Herrschaftszentrum nach Prag verlegte und nicht mehr im Land umherreiste. Die Stadt wurde 1349 verpfändet und unter der Pfandherrschaft der Grafen von Hanau gestellt. Im Jahr 1502 gibt es dann noch einmal ein wichtiges Ereignis in der Stadt, den Kurfürstentag, zu dem aus dem ganzen Reich die Kurfürsten nach Gelnhausen reisen.

 

Im Jahr 1543 (also recht spät) erreicht die Reformation auch Gelnhausen – es wird der lutherischen Konfession angehören. Das führte auch dazu, dass allein zwischen 1574 und 1599 27 Menschen als Hexen angeklagt und verurteilt wurden. Noch bis 1634 gab es Hexenverfolgung in der Stadt.

Und so geht auch der 30jährige Krieg (1618 - 1648) nicht spurlos an der Stadt vorbei. 1621 zogen die Spanier unter General Spinola in Gelnhausen ein. Sie blieben bis 1632 und stellten die Stadt unter Besatzung. Danach waren die Schweden unter Gustav Adolf in der Stadt, rückten aber 1634 nach dem Tode Gustav Adolfs wieder ab. Sie hinterließen eine geplünderte, verwüstete Stadt. Gelnhausen war einige Jahre völlig unbewohnbar. Nach 1640 gab es keine kriegerischen Auseinandersetzung mehr in Gelnhausen, aber auf dem Rückzug zogen immer wieder plündernde Truppen durch die Stadt.

In seinem Buch „Der abenteuerliche Simplicius Simplicissimus“ berichtet Johann Jakob Christoffel von Grimmelshausen sehr anschaulich über die Zeit des 30jährigen Krieges, da er selbst in Gelnhausen wohnte.

 

Durch den Reichsdeputationshauptschluss 1803 verliert Gelnhausen die Reichsunmittelbarkeit vollständig und wird nach dem Wiener Kongress 1815 dem Kurfürstentum Hessen-Kassel angeschlossen.

Auch Napoleon geht nicht spurlos an Gelnhausen vorbei. Auf seinem Russlandfeldzug kommt er 1812 durch das Kinzigtal – und später auf dem Rückzug noch einmal. Auch die Völkerschlacht bei Leipzig warf ihre Schatten auf Gelnhausen, weil auch da die französischen Truppen durch Gelnhausen und das Kinzigtal zogen. Die Bürger wurden ausgeplündert, es wurde verwüstet und zerstört. Noch heute kann man Spuren der damaligen französischen Besatzung in Gelnhausen erkennen.

 

1821 wird Gelnhausen Kreisstadt des neu gebildeten Landkreises Gelnhausen – erst 1974 verliert es die Kreisstadtrechte durch den Zusammenschluss der Landkreise Hanau, Gelnhausen und Schlüchtern an die größere Stadt Hanau/Main.

 

1866 im Verlauf des „Deutschen Krieges“ (auch preussich-österreichischer Krieg genannt) wird Gelnhausen (wie ganz Kurhessen) dem Staat Preußen zugeordnet.

 

In den zwölf Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft (1933-1945) verhielt sich Gelnhausen so, wie sicher viele ähnliche typische deutsche Kleinstädte.

Zwischen 1933 und 1938 wurden die Juden in Gelnhausen systematisch vertrieben oder die Geschäfte boykottiert, sodass sie aufgegeben werden mussten. Am 1. September 1938 war Gelnhausen dann offiziell „Judenfrei“. Die meisten jüdischen Bürger Gelnhausens wurden in Lagern oder Ghettos ermordet.

1936 wurde die große Kaserne in Gelnhausen eingeweiht (später viele Jahre Stützpunkt der amerikanischen Besatzung).

1939 kam es bei einem Überflug eines Jagdbombers der Wehrmacht zu einem schweren Unglück. Das in Rothenbergen stationierte Flugzeug wollte Bombenabwurf über Lettgenbrunn (das zu diesem Zweck entsiedelt worden war) üben. Auf dem Anflug stürzte er über Gelnhausen ab. Die Häuser um den „Platz“ wurden durch den Absturz und die daraus resultierenden Bombenexplosionen zerstört, es gab viele Tote.

Am 30. März 1945 zogen die Amerikaner in Gelnhausen ein.

 

Wegen der Luftangriffe auf deutsche Großstädte während des 2. Weltkrieges wurden viele Städter aufs Land vertrieben – auch nach Gelnhausen und Umgebung. Dazu kamen dann noch die Heimatvertriebenen aus den Ostgebieten, die sich später hier ansiedelten. Die Bevölkerungszahl stieg dadurch nach dem 2. Weltkrieg sprungartig an.

 

Die amerikanischen Truppen bleiben von 1945 – 1990 in Gelnhausen stationiert und bilden einen wichtigen Wirtschaftfaktor für die Stadt, weil viele Bürger in der „Kaserne“ Arbeit finden. Nach der Wiedervereinigung 1990 wird der Standort Gelnhausen aufgelöst.

 

 

10. Mai 2005 – G.K.