Barbarossastadt Gelnhausen - Marienkirche

 

Die Marienkirche in Gelnhausen

 

 

Wenn man sich durch das Kinzigtal der Stadt Gelnhausen nähert, kann man schon aus großer Entfernung die mächtige Marienkirche mit ihren vier hohen Türmen erkennen.

 

Bereits im Jahr 1120 war mit dem Bau der Kirche an einem Kreuzungspunkt der wichtigen Handelsstraßen – der Reffenstrasse von Süden nach Norden, der Birkenhainer Straße durch den Spessart und der alten Leipziger Straße von Frankfurt nach Osten - begonnen worden. Gelnhausen war Marktplatz, aber auch Rast- und Umschlagplatz – und wurde dank Kaiser Barbarossa eine freie Reichsstadt mit vielen Privilegien.

 

Die heutige Kirche entstand in fünf Bauabschnitten:

 

1170

Prämonstratenser-Orden beginnt den Bau einer Basilika

Der noch heute erhaltene quadratische Westturm entsteht

 

ca. 1170 - 1232

Neubau eines dreischiffigen Langhauses in zisterziensisch geprägtem Stil

 

1220

einschneidender Stilwechsel während der Bauarbeiten in gotischen Stil

 

1240

Verlängerung der beiden Seitenschiffe – sie umschließen nun den Westturm (Glockenturm)

 

1245 - 1255

Die Wandmalereien des Chors entstehen

 

1446

1446 Seitenschiffe werden erhöht, Sakristei und Prozessionskapelle angebaut

 

1500

Annenaltar im rechten Seitenschiff wird aufgestellt

 

1543

Reformation in Gelnhausen – die Marienkirche wird zur evangelischen Kirche

 

1589

Grabmal von Burggraf Johann von Lauter und seiner Frau Wilhelma von Colmar wird errichtet

 

1600

Schultheiß Koch (traurig berühmt als Hexenverfolger) stiftet die Kanzel

 

1877 – 1879

1962 – 1963

1987 – 1999

Restaurierungen – u.a. wird 1877 der schiefe Ostturm abgetragen

 

 

Erbaut wurde die Kirche im Bruchsteinbau, der dann von innen und außen verputzt wurde. Das Langhaus und der Westturm sind im romanischen Stil erbaut. Die ursprünglich ebenfalls romanischen Seitenschiffe wurden noch während der Bauzeit geändert und in gotischem Stil vollendet.

 

Die Marienkirche ist ehemalige die Kirche des Prämonstratenser Stiftes Langenselbold.

Bei der Auflösung des Klosters im Jahr 1543 geht die Kirche durch einen Vertrag an die Gemeinde Gelnhausen über. Durch diesen Vertrag blieb die Kirche vom Bildersturm verschont – deshalb sind auch noch heute der Lettner (Foto links) und die alten Altäre erhalten.

 

Deutlich zu erkennen, dass einer der Arkadenbögen zu klein ist

 

„Das Gelnhäuser Männchen“

Die Schauseite der Marienkirche ist die Nordseite. Hier gibt zwei Portale, die mit eindrucksvollen  Bildhauerarbeiten verziert sind. Angeblich hat sich der Baumeister der Kirche, Heinrich Vingerhut,  hier ein „Denkmal“ gesetzt – ein zu klein geratener Bogen wird von einem Männchen auseinandergedrückt.

 

 Ein seltenes Foto noch mit dem schiefen Turm

„Der schiefe Turm“

Bis in die siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts hatte die Marienkirche einen „schiefen Turm“. Auf vielen alten Abbildungen und auch einigen Fotografien ist dieser Turm noch zu sehen. Da dieser schiefe Turm anscheinend keine Absicht war (was im Barock absolut möglich gewesen wäre), wurde er 1872 nach Protesten der Anwohner abgetragen und durch einen geraden Turmhelm ersetzt.

 

Das Lamm Gottes am Westturm

Das Lamm Gottes

Dieses Fenster befindet sich im 1. Obergeschoss auf der westlichen Seite des Westturms. Das Lamm Gottes stammt noch aus der Zeit der Prämonstratenser-Mönche. Eventuell könnte sich zu dieser Zeit im romanischen Westturm ein Andachts- oder Abendmahlraum befunden haben.

 

Wenn man über die steile Treppe vom Untermarkt aus zur Marienkirche geht, bietet sich ein beeindruckender Blick

auf  das Südportal und die Türme

 

 „Schmerzensmann“ (15.Jh.) an der Prozessionskapelle

(Kopie – das Original befindet sich jetzt in der Kapelle)

 

Links im Bild (hinter der Bank) die Sakristei –

rechts die im 15. Jahrhundert süd-östlich an den Chorraum angebaute Prozessionskapelle

 

 

Das Heilige Grab und die Michaels-Kapelle

Auf der Zeichnung blickt man von der Marienkirche aus in Richtung Nord-Osten.

Links kann man das Heilige Grab erkennen und dahinter eine kleine Kapelle aus dem 13. Jahrhundert.

Es handelt sich um die zweigeschossige Karner-Kapelle. Im Untergeschoss befand sich wahrscheinlich ein Beinhaus. Über eine Außentreppe konnte man die Michaels-Kapelle erreichen, die hauptsächlich für Toten-Gottesdienste und - Andachten benutzt wurde.

Leider wurde die Kirche 1825 abgerissen – das Heilige Grab nach Bad Homburg verbracht  (siehe Foto unten)

 

 

An der nord-östlichen Ecke der Marienkirche (zum Steinbrunnen hin) stand bis 1825 dieses „Heiliges Grab“. Nachbildungen des Heiligen Grabes in Jerusalem wurden im Mittelalter von Pilgern ins Heilige Land als Erinnerung erbaut - und auch als Möglichkeit, diejenigen an der Reise teilhaben zu lassen, die sich das nicht leisten konnten. Dass das Bauwerk tatsächlich auf das Jahr 1490 datiert, konnte anhand einer eingemauert Glasflasche mit Jordanwasser nachgewiesen werden.

 

Da es wegen Verkehrsbehinderung abgerissen werden sollte, kaufte der Homburger Landgraf das Bauwerk auf, ließ es abbauen und auf Pferdewagen nach Bad Homburg transportieren. Dort wurde es auf dem Reformierten Friedhof Stein für Stein wieder aufgebaut – wo man es noch heute besuchen kann.

 

>> mehr über das Heilige Grab auf dem Friedhof Bad Homburg <<<

 

 

Durch die Lage der Stadt Gelnhausen an den alten Handelstraßen wurde die Kirche zu einem Treffpunkt der unterschiedlichsten Menschen, die sich bei ungünstiger Witterung auch mit ihren Tieren im Innenraum der Kirche aufhielten. Da die Stadt auch schon früh zum Marktstandort wurde, mussten sich alle Händler nach dem Gelnhäuser Maß richten. Um Unstimmigkeiten zu vermeiden, wurde dieses aus Schmiedeeisen an der Außenfassade angebracht.

 

Gudrun Kauck 09/2007

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Literaturhinweis:

Dehio-Handbuch, Hessen 1982 – Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler

Die Blauen Bücher – Die Marienkirche in Gelnhausen 2000

Kronjuwel Gottes – die Marienkirche Gelnhausen 1982