H A I R

Broadway Musical Company New York

(Cast  96/’97)

 

Hessentag Gelnhausen 1996

01. Juli 1996

 

Mit der Flower-Power Bewegung bin ich aufgewachsen und die Musik aus dem Musical dröhnte zu der Zeit auch aus allen Lautsprechern. Die Kleidung der Hippies konnten wir auf dem „flachen Land“ natürlich nicht tragen, aber an Fasching durfte es schon blumig und bunt sein.

Als das Musical „Hair“ in deutscher Sprache 1968 in München aufgeführt wurde, gingen die Berichte durch Fernsehen und Presse, der Hit „Wassermann“ = Aquarius (damals wurde alles noch eingedeutscht) lief rund um die Uhr und Rainer Schöne, der Darsteller des Berger, war der Schwarm der Mädchen und Su Cramer der Jungs.

Live auf der Bühne gesehen habe ich das Musical leider nie – bis es im Jahr 1996, also weit nach der Hippie-Zeit, anlässlich des Hessentages in Gelnhausen aufgeführt wurde. Inzwischen waren meine Töchter schon fast wieder im richtigen Alter für die Musik und deshalb habe ich auch Karten für dieses Musical gekauft – kaufen müssen J.

Die Veranstaltung fand im großen Zelt statt und schon lange vor Beginn standen lange Schlangen am Zelteingang. Die Karten waren „freie Platzwahl“ – wer zuerst da war, würde also den besten Platz bekommen. Wir hatten gute Plätze, allerdings doch eher im Mittelfeld.

 

 

 

Die Besetzung (soweit ich sie noch rekonstruieren konnte):

 

Berger                                   Scott Dambacher

Claude                                   Phil Campell

Sheila                                    Jodie Michaels

Hud                                        Christopher Livsey

Woof                                      Kevin Sherwani

Jeannie                                 Alexandra Kolb

Dionne                                   Tonya Doran

Crissy                                    Nikola Monfort

Margret Meade                    Michael Burnie

 

Auch wenn ich schon viel darüber gehört hatte, vorstellen wie es dann wirklich sein würde, konnte ich es mir nicht. Die Atmosphäre in dem Zelt war sowieso schon ungewöhnlich für ein Musical.

 

Das Stück wurde ganz in englischer Sprache aufgeführt. Durch die örtlichen Gegebenheiten, konnten wir den Darstellern schon beim Umziehen zusehen. Trotzdem wurde ich dann davon überrascht, dass alle plötzlich völlig nackt auf der Bühne zu sehen waren. Es war aber so beleuchtet, dass man nicht alles erkennen konnte J ?L

Die Bühne war für manchen der Darsteller auch zu klein, denn Berger turnte singend auf den Zeltstützen und suchte Kontakt zum Publikum.

 

Ein sehr ungewöhnliche Aufführung. Die Darsteller waren alle sehr gut und man merkte ihnen auch an, dass sie Spaß an ihrem Beruf hatten. Das Publikum war begeistert und der Schlussapplaus wollte gar kein Ende nehmen – allerdings war das Gewitter, das die ganze Zeit schon im Hintergrund zu hören war, inzwischen herangezogen und der Regen prasselte auf das Zelt – konnte die Musik aber nicht übertönen.

 

 

Vielleicht kann man in der heutigen Zeit viele Dinge nicht mehr verstehen, die die Jugend vor 40 Jahren beschäftigt haben. Der Vietnam-Krieg war auf seinem Höhepunkt. Die Fernsehbilder von getöteten und aus der Heimat vertriebenen Vietnamesen und getöteten US-Soldaten gehörten zum Alltag. Niemand wusste überhaupt noch, warum dieser Krieg überhaupt geführt wurde – so lange dauerte er nun schon.

Die Geschichte des Musicals „Hair“ spielt in dieser Zeit. Junge Amerikaner wurden einberufen und mussten für ihr Land in Indochina kämpfen. Die Grausamkeiten und die Sinnlosigkeit des Krieges wurden den jungen Amerikanern immer bewusster. Die Gegenstimmung zum Krieg war die Love-Generation, die immer lauter „predigte“: „make love, not war!“

 

Vietnam-Krieg:

1946 – 1975 – zunächst französischer Kolonialkrieg. Ab Februar 1965 zunehmend verstärkter, letztlich aber gescheiterter Einsatz amerikanischen Militärs zur Abwehr des kommunistischen Einflusses auf Südvietnam.

Das ist die offizielle Erklärung, aber versteht man das deshalb?????

 

 

Inhalt:

 

Das Eintreffen des Einberufungsbefehls für Claude zum Militärdienst nach Vietnam ist für ihn und seine Freunde  Anlass zum Aufbegehren gegen bürgerliche Ansichten und Verhaltensweisen. Sie diskutieren und reden über ihre ungewollte Außenseiterrolle, ihren Wunschtraum von einem ungebundenen Leben, ihre Hinwendung zum Rauschgift. Sie sind beseelt von einer undefinierbaren Religiosität und hoffen auf ein neues, besseres Zeitalter im Sternzeichen des Wassermanns.

 

Zur Gruppe um Claude gehöre sein Freund, der Pilz- und Hitzkopf George Berger, der gerade von der Highschool geflogen ist, Sheila, die zwischen den beiden steht und für die Gewerkschaft demonstriert, Woof, dessen Vorbild Mick Jagger ist und der vom Christlichen Verein Junger Männer ausgeschlossen wurde, Hud, mit dem Hang zur Black-Power-Bewegung, doch in seinem Wesen humorvoll und lustig.

 

 

Unter den jungen Menschen mit ihren Neigungen zu Drogen und Sex und in ihrer ablehnenden Haltung gegen das „Establishment“ ist auch die in Claude verliebte Jeannie, die ein Baby erwartet, sind Crissy und Dionne und all die anderen Hippies, die sich in ihrer Außenseiterrolle gefallen.

 

Trotz seines inneren Protestes und seiner Anti-Kriegs-Haltung folgt Claude dem Befehl und tritt seinen Wehrdienst an. Zum Ende des Stücks tritt er – für seine Freunde unsichtbar – in Uniform auf und erleidet einen symbolischen Tod. Seinen traurigen Abgesang übernehmen die Hippies stellvertretend für die Menschheit: „Let the sunshine, let the sunshine in.......“

 

Hair ist ein ernstes Stück!

Das Musical Hair artikuliert den Protest der Jugend gegen Krieg und Wehrdienst, gegen Intoleranz, Brutalität und Entmenschlichung. Gezeigt wird das Hippie-Dasein als mögliche Lebensform, in der Liebe, Glück und Freiheit des Einzelnen dominieren. Wenn Hippies ihre Gegner und Feinde mit Blumen beschenken, so hoffen sie auf die heilsame Wirkung dieser Geste der Sanftheit.

 

Das Stück stammt aus einer anderen Zeit, ist aber in vielen Punkten aktueller denn je !!

 

 

G.K. – Januar 2005