Gudrun Kauck: Ludwig
II das Musical in Füssen, Bericht
Ludwig
II – Sehnsucht nach dem Paradies Musik: Franz Hummel, Buch: Stefan
Barbarino, Bühnenbild: Heinz Hauser Füssen, 11. Oktober
2003 – 14.30 Uhr |
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Meine
ganz persönlichen Eindrücke eines beeindruckenden Musicals: Die spartanische
Innenausstattung des Theaters, die ja im Gegensatz zum Luxus in den
Schlössern bewusst gewählt wurde, machte uns dann aber doch ein etwas zu
schaffen. Die Sitze sind schon sehr unbequem und der Abstand der einzelnen
Sitzreihen dürfte auch ein bisschen größer sein. Drei Stunden in einer
Grundstellung zu verharren ist nicht leicht. Die Unannehmlichkeiten waren
aber schnell in den Hintergrund gerückt, sobald das Musical begann. Die Geschichte von König Ludwig II
und seiner Sehnsucht nach dem Paradies nahm uns schnell gefangen. Nach
unserem Besuch auf und hinter der Bühne sahen wir auch vieles mit ganz
anderen Augen. Der Trauerzug gleich am Anfang war uns sehr vertraut, denn wir
wussten ja sogar, wie diese Pappfiguren von der Rückseite aussehen und welche
Nummer sie haben J. Jedem der sich die
CD gekauft hat, kann ich nur raten, diese ganz weit hinten in den CD-Schrank
zu räumen. Die CD hat nichts mit dem zu tun, was man hier auf der Bühne zu
sehen bekommt. Ich versuche mal mit Hilfe des 224 Seiten starken
Programmheftes die Geschichte und meine Eindrücke aufzuschreiben: Ein sächsisch
sprechender Fremdenführer begleitet eine Reisegruppe durch das neuerbaute
Musicaltheater Füssen und erklärt sehr bildhaft das neue Gebäude.
Gleichzeitig übersetzt er seine eigene Rede in ein unaussprechliches Englisch
J, damit auch die amerikanischen Touristen alles verstehen
sollen. Kaum ist die Gruppe von der Bühne, beginnt das eigentliche Stück. 1. Akt: München
1864 - Während der endlose Trauerzug zum
Begräbnis vom Ludwigs Vater Maximilian II hinter einem hohen Kirchentor
vorbeizieht, läutet der Ministrant die Kirchenglocken. Die Musik ist sehr
traurig und verbreitet eine depressive Stimmung. Plötzlich donnert es auch
noch. Als es wieder dröhnend
donnert, rennt der Ministrant angsterfüllt nach draußen. Der Blitz hat die
Kirchenwand geteilt und die drei Nymphen Spontaneia (Jennifer Mai),
Traumina (Kazumi Fujiwara) und Allergia (Nicole Ciroth)
entsteigen dem Riss. Auch der junge Ludwig (Jon G. Goldworthy), noch
im Trauermantel, ist auf der Bühne und hört dem Gesang der Nymphen zu. Das Bühnenbild
wechselt und wir kommen in den Audienzsaal. Die Minister wollen die
Antrittsrede des neuen Königs hören. Sie wollen hören, welcher Krieg geführt
werden soll, aber Ludwig hat andere Pläne. Sein oberstes Ziel ist die Kunst.
Um die Kriegslust des Königs trotzdem zu wecken, wollen sie ihm die neuesten
Erfindungen im Bereich Krieg zu Wasser, zu Lande und in der Luft vorzuführen.
Die neueste Seemine wird vorgeführt und eine riesige Granate. Als Ludwig dann
seine Antrittsrede hält – er singt das Lied „Du holde Kunst“ – sind die
Minister entsetzt. Die Nymphen sind auch wieder da und verwandeln die Seemine
in einen Fesselballon und die Granate in einen maurischen Kiosk. |
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2. Akt: Bad
Kissingen - Der junge König soll verheiratet werden
und man hat dafür die jüngere Schwester von Sissi, Sophie (Eveline Suter),
vorgesehen. Zu dem großen Ball im Spiegelsaal kommen aber auch Sissi (Beata
Ajtai) und ihr Mann Franz-Joseph (Nikolaus Freyer). Ludwig ist
noch immer in Sissi verliebt und zieht sie in ein abgeschiedenes Kabinett.
Die verschmähte Sophie tröstet sich mit dem Hofphotographen Hanfstaengl (Martin
Sommerlatte). Aber darauf nimmt der Hof keine Rücksicht. Ludwig und
Sophie werden gegen ihren Willen verlobt – Staatsräson. Das Bühnenbild
„Spiegelsaal“ wird mit ganz wenigen Mittel sehr wirkungsvoll erzeugt. Die
Spiegel stehen im richtigen Winkel zueinander und lassen so den Saal riesengroß
erscheinen. Auch die tanzenden Paare spiegeln sich und scheinen so viel mehr
zu sein. Mit Hilfe von
Diaprojektion wird dann ein grünes Labyrinth auf die Spiegel projiziert und
gleich erscheint es so, als sei man in einem Garten. |
3. Akt: Residenz - Der kleine Bruder von Ludwig, Otto (Juliane Holl),
spielt mit seinen Zinnsoldaten. Plötzlich kann er Spiel und Realität nicht
mehr unterscheiden – er erleidet einen Wahnsinnsanfall. Ludwig kümmert sich
liebevoll um seinen Bruder. Er erkennt seine Ohnmacht gegenüber der
Kriegspolitik seiner Minister und sucht Trost in der Musik. Wie in den
bürgerlichen Salons des 19. Jahrhunderts versammeln sich im Musikzimmer Ludwig und sein Gefolge um den
Flügel. Die Frauen musizieren, jede um die Gunst eines Mannes buhlend. Cosima
von Bülow (Dorit Bohrenfeldt) begeistert mit ihrem Klavierspiel vor
allem Wagner. Sissi will eigentlich ein Liebeslied für Ludwig singen, endet
aber abrupt, als sie bemerkt, dass der das Gespräch mit Wagner (Walter
Stapper) vorzieht. Dann soll Sophie singen. Sie singt aber absichtlich so
falsch, dass Ludwig spontan die Verlobung mit ihr löst. Sophie hat erreicht
was sie wollte – sie wendet sich Hanfstaengl zu. Eveline Suter als Sophie singt dieses Lied so hinreißend falsch, dass
das ganze Saal lachen muss. Auch das anschließende (natürlich wieder richtig
gesungene) Duett „Ich weiß, wir sind im Paradies“ mit Hanfstaengl ist
wirklich sehr schön gesungen. Auf der
Marienbrücke bei Neuschwanstein philosophieren Ludwig und Wagner über die
Musik der Zukunft und ihre Freundschaft. Ludwig verspricht Wagner seine Kunst
voll und ganz zu unterstützen. Dann erleben wir
eine Aufführung von „Siegfried“ von der Rückseite, d.h. wir können das
Bühnenbild von hinten sehen, während der König uns gegenüber in seiner Loge
der Oper zuschaut. Wirklich lustig anzusehen, wie Siegfried gegen den Drachen
kämpft J - ein Holzgestellt auf Rädern, das passend zu den Bewegungen
hin- und hergeschoben wird. Aber schon während der Vorstellung kommen sich
hinter der Bühne Wagner und Cosima von Bülow näher – sogar sehr nahe. Ludwig
ist maßlos enttäuscht, als er das Paar entdeckt. Er flüchtet sich in seine
Traumwelt, bis ihm die Nymphen ein neues Lebensziel zeigen – die
Königsschlösser. Das Bühnenbild
zeigt uns eine Gebirgslandschaft hinter blauen Säulen. Ludwig, ganz
selbstversunken und traurig, singt seine „Weltschmerz-Arie“ und greift nach
dem unerreichbaren Gral. - Pause – |