Gudrun Kauck: Ludwig II Musical in Füssen, Bericht 2. Akt

Ludwig II –

Sehnsucht nach dem Paradies

 

Nach der Pause

 

Nach genau einer halben Stunde Pause beginnt dann aber auch schon der zweite Teil des Musicals:

                                                  

IV. Akt: Schlösserwelt – Auf der Baustelle von Schloss Neuschwanstein kommentieren die Minister die Verschwendungssucht von Ludwig. Sie wollen mit allen Mitteln einen Baustopp für das Schloss erreichen, aber Ludwig unterbricht sie und fordert Ruhe, damit er seinem Lieblingsschauspieler Josef Kainz (Axel Meinhardt) zuhören kann. Später verschwinden die Beiden dann auch im Separée.

Otto von Bismarck (Thomas Bayer) erscheint auf der Bühne und kauft Ludwig mit der Souveränität auch die Zustimmung zur Gründung des Deutschen Kaiserreiches ab. Von dem Geld will Ludwig seine Schlösser bauen. Bismarck ist der Meinung: „Lassens doch den König bauen“, weil das auch die Wirtschaft des Landes ankurbeln würde. Aber die Minister sind anderer Meinung: „Geld ham’ma koans, Schloss brauch’ma koans! Was für Bayern richtig is’, des wiss’n mir alloans.“

 

Ludwig wird immer einsamer und verwandelt sich in den Märchenkönig. Bei nächtlichen Schlittenfahrten träumt er davon, dass doch irgendwo ein Mensch sein muss, der auch ihn liebt.

 

Ein wunderschönes Bühnenbild in dieser Szene. Berge im Hintergrund, Nebel auf dem Boden, alles nachtblau und dunkel. Der König in seinem Schlitten, der von zwei Schimmeln gezogen wird. So stellt man sich das vor, wenn der Märchenkönig eine nächtliche Ausfahrt macht.

 

Im Zuschauerraum kam dabei sehr viel Unruhe auf. Echte Pferde auf der Bühne bringen die Leute immer noch aus der Fassung, aber warum man dann während dieser romantischen Szene laut losschwätzen muss, verstehe ich trotzdem nicht!!

 

Ludwig zieht sich immer mehr in seine Traum- und Rauschwelt zurück. Im maurischen Kiosk, der ja wirklich bei Schloss Linderhof steht, versinkt er in einen Kanabis-Rausch. Im arabischen Ambiente tauchen dabei plötzlich schuhplattlernde Bayern auf.

Ich weiß, dass klingt jetzt ziemlich abstrakt und auf der CD klingt’s auch fürchterlich, aber hier auf der Bühne wirkt das ganz anders. Man sieht ja, dass Ludwig all das nur träumt. Die immer wieder auftauchenden Nymphen machen auch darauf aufmerksam, was real und was Phantasie ist.

 

Der Gipfel seiner Träumereien ist dann noch eine Ballonfahrt um die ganze Welt. Ludwig fliegt über Russland, Japan, die Pyramiden, nach Frankreich und wieder zurück nach Bayern. Musikalisch erleben wir die Weltreise mit den jeweils passenden Melodien. Die Reise geht dem Mond entgegen, wo ihn die Minister nicht mehr erreichen können.

Die Szene ist sehr schön gestaltet. Der Ballon von Ludwig wirkt so, als würde er wirklich fliegen und die Welt wandert auf dem Bühnenboden vorbei – die Kamele in der Wüste sogar im Takt der Musik.

 

In seiner Traumwelt begegnet Ludwig auch Sissi. Sie sitzt im Zaubergarten auf einem weißen Einhorn. Ludwig versucht sich ihr zu nähern, aber sie bleibt unerreichbar für ihn, obwohl sie singt: „Einmal möchte ich nur dir allein gehören.“

Als Zuschauer gerät man immer mehr in den Bann von Ludwig. Man möchte ihm so gerne helfen, aus seiner Traumwelt zu entkommen und die herrliche Realität, die er mit seinen Schlössern ja geschaffen hat, zu sehen. Aber er scheint schon zu sehr abgedriftet und wird langsam zur Gefahr – finden jedenfalls die Minister. Sie beschließen ihn abzusetzen und für verrückt zu erklären.

 

V. Akt – Grotte und See - Noch einmal folgen wir Ludwig in seine Traumwelt. Er sitzt in der blauen Grotte und inszeniert die Ankunft des Schwanenritters „Lohengrin“. Ludwig wird zum Teil seiner eigenen Inszenierung. Im Rausch der Erinnerung ziehen alle bekannten Figuren noch einmal an ihm vorbei – verfälscht und überzeichnet. Ludwig philosophiert: „Schicksal, ich suche dich! Ja, da muss noch mehr sein. Küssen, träumen, brennen, bersten, versinken, ertrinken – Erlösung, unbewusst, höchste Lust.“

 

Da erscheint ihm auch Sissi noch einmal – in Trauerkleidung. Zusammen singen sie ein Liebesduett – „Adler und Möwe“. Ludwig wähnt sich am Ziel seiner Träume, aber plötzlich ist es nicht mehr Sissi, die er da küsst, sondern die Nymphe. Ludwig wirkt nun völlig verrückt.

 

Abrupt wird Ludwig aus seinem Traum gestoßen: der Ministerpräsident ist der Meinung, dass es nun kein Zurück mehr gibt. Ludwig muss entmachtet werden. Ludwig erkennt seine Lage und kommt seinen Gegnern zuvor. Er gibt die königlichen Insignien – Krone, Zepter, Mantel – ab.

 

 

 

In der Schlussszene sehen wir den See von der Bühnenführung wieder. Ludwig singt seine Schlussarie „Zeit wird Musik“ und geht dabei immer weiter in den Starnberger See hinein. Sehr beeindruckend dieser „Abgang“ und sehr deprimierend, auch wenn nach dem Abtauchen den Königs ein Springbrunnen entsteht und wir im Hintergrund die schönen Schlösser sehen können. Wieder nehmen Trauergäste Abschied von einem König. Alle inzwischen bekannten Figuren aus dem Musical kommen noch einmal auf die Bühne – durch die Beleuchtung wirken sie wie die Pappfiguren vom Anfang. Dieses Mal haben sie sich rund um den See aufgestellt – die Geschichte wiederholt sich also.

 

- Ende –

 

Der Schlussapplaus für die Künstler war verdient. Wir hatten eine wunderschöne Vorstellung erlebt, die uns in eine ganz andere Welt geführt hat. Das Musical ist sicherlich keine leichte Kost. Manche Passagen erinnern schon sehr an Opern, aber wer sich mit der Geschichte um Ludwig beschäftigt hat, erlebt eine sehr schön erzählte Geschichte, die die Realität so verpackt, dass sie nur noch der sieht, der sie sehen will.

 

Die Vorstellung einschließlich Pause dauert ziemlich genau drei Stunden.

 

                   

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