Das Phantom der Oper 10. März 2007 – 20.00 Uhr Bericht Samstag – Letzte Show in Essen - von Mirjam
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Das Phantom der Oper, Samstag 10. März, 20.00 Uhr |
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Phantom Christine Daaé Raoul Vicomte de Chagny Monsieur Firmin Monsieur André Carlotta Giudicelli Ubaldo Piangi Madame Giry Meg Giry |
- Christian
Alexander Müller - Anne Görner - Nikolaj Alexander
Brucker - Ernst van Looy - Fernand Delosch - Laurie Anne
McGowan - Marcello Ronchietto - Gabriele Ramm - Lara Camille Glew |
Die Stunde der
vorerst letzten Phantom-Vorstellung war nun also gekommen und bevor die
Lichter im Saal ausgingen, kamen Cornelia Drese und die Theaterleiterin auf
die Bühne, um eine kleine Abschiedsansprache zu halten, sozusagen ein Resümee
über das Phantom in Essen. Unter anderem wurde die Anzahl der Vorstellungen
in Essen genannt, wie viele Paar Schuhe von den Balletttänzerinnen zertanzt
wurden, wie viele Meter Stoff verbraucht wurden, usw. Dann wurden die Namen
der Orchestermitglieder und aller Darsteller der Cast vorgetragen, die sich
am heutigen Tage vom Publikum verabschiedeten. Mit den Worten „Von nun an
gibt es kein zurück, der Vorhang fällt, sein Spiel ist aus!“ ging es dann los
und ich dachte mir: Müsst ihr mir das unbedingt noch unter die Nase reiben??? Es ging also los
mit der „letzten“ Versteigerung und ich wollte die Eindrücke dieser letzten
Show einfach vollkommen aufsaugen , denn das werden wir jetzt wohl so schnell
nicht wieder haben L Zum letzten Mal dem
Kronleuchter bei seinem Weg an die Saaldecke zuzusehen, das war schon sehr
schwer (zumal der dann nach der Show sofort in einen der schon
bereitstehenden LKWs verfrachtet wurde). Dann die
Hannibalprobe, die ganzen schönen Kostüme, ich war sehr traurig, dass das nun
alles eingemottet werden sollte. Die einzige Aufheiterung in diesem Moment
war Eberhard Neitzel, der mit den Worten: „Wenn Sie meiner bedürfen,
erreichen sie mich auf…hab ich jetzt vergessen!“ als Monsieur Lefèvre von der
Bühne abging. Anne Görner ist war
Essen meine Lieblings-Christine, ich habe sie nun dort sechs Mal in dieser
Rolle gesehen und war immer sehr begeistert von ihrer Darbietung. Bei ihr
stimmte einfach alles für diese Rolle: die Stimme, das Aussehen, die ganze
Ausstrahlung, es war einfach ideal. Ihr stimmkräftiges „Denk an mich“ noch
ein allerletztes Mal zu hören und ihr Spiel auf der Bühne zu beobachten, war
sehr erfreulich und Anne bekam natürlich auch den dementsprechenden Applaus
vom Publikum. Gabriele Ramm lobte
diesmal die Ballettmädchen wie damals bei der Derniere in Stuttgart mit:
„…und ihr, ihr ward wunderbar!“ Anne und Nikolaj
harmonierten sehr gut bei der Garderobenszene, vor allem aber hatte sich
Nikolaj als Raoul seit meinem letzten Besuch im September noch einmal enorm
gesteigert. Nun war ich aber
noch einmal äußerst gespannt auf Christian Müller; er konnte mich im August
vergangenen Jahres als Phantom einfach nicht überzeugen, weil er da zwar
seine Rolle sang, mir aber die passende Darstellung zu dem fehlte, was er da
oben auf der Bühne sang. Mir war das damals einfach zu wenig, es hat mich
überhaupt nicht berührt. Nun wollte ich sehen, welche Entwicklung er
innerhalb eines halben Jahres gemacht hat und ich muss vorweg wirklich sagen:
hätte ich einen Hut aufgehabt, ich hätte diesen vor ihm gezogen! Der Mann hat
sich seit meinem letzten Besuch dermaßen entwickelt und gesteigert, es gab in
dieser Show keinen einzigen Moment mehr, in dem ich ihm sein Phantom nicht
abnahm! Stimmlich gesehen
gefiel er mir schon immer gut, aber endlich konnte ich sehen, dass er sein
Phantom auf der Bühne auch „lebte“. Sehr intensiv war dieser Eindruck gleich
bei „Musik der Nacht“, er drückte sich nicht nur mit seiner Stimme, sondern
auch sehr stark mit Mimik und Gestik aus, was mir im August noch gefehlt hat.
Es war auch nicht übertrieben, nein, das kam genau richtig rüber, man konnte
das Knistern zwischen dem Phantom und Christine förmlich spüren. An diesem
Abend waren alle Beteiligten noch einmal ganz große Klasse, aber über
Christians Phantom habe ich mich echt am meisten gefreut, weil der sich so
schön gemausert hatte J Das konnte man dann
auch wieder bei der Demaskierungsszene sehen, er war so intensiv mit
Komponieren beschäftigt, dass er dabei gleich seine Kappe verlor. Die
Verzweiflung des Phantoms nach der Demaskierung spielte er äußerst
glaubwürdig, er tat einem wirklich sehr Leid, wie er da so völlig am Boden zerstört
dasaß. Die Managerszene
lief ab wie gewohnt, toll zu beobachten, wie perfekt die Cast aufeinander
eingespielt war – und gerade jetzt zu diesem Zeitpunkt musste Schluss sein L Bei Il Muto sang
Carlotta ihre Koloraturen anders als in einer herkömmlichen Vorstellung und
auch Lars Henry Larsson überreichte dem Dirigenten nach seinem tiefen Ton
wieder eine rote Rose, die er aus seinem Kostüm hervorzog. Fernand verkündete
noch ein letztes Mal den Auftritt des Balletts aus dem dritten Akt, die Zeit
verstrich so schnell und schon befanden wir uns wieder in der Dachszene. Eine
schöne Darbietung von Anne und Nikolaj, die beiden hatten als Christine und
Raoul eine tolle Chemie auf der Bühne, das war einfach schön mit anzusehen. Dann kam schon
wieder die Szene mit Christian im Engel, da hat er mir auch wieder gefallen;
das kam alles bei mir an, was er mir da vermitteln wollte, erst der Unglaube
und Schmerz wegen Christines Verrat, dann seine wachsende Wut, bis er
schließlich seine Rache schwört. Der erste Akt war
viel zu schnell vorbei gezogen, nun dauerte es nicht mehr lange und es sollte
ganz vorbei sein L Aber mich hielt
noch der Gedanke an einen tollen zweiten Akt über Wasser und ich freute mich,
dass ich das alles noch einmal ansehen konnte. Das machte es zwar nicht
unbedingt leichter, aber ich war so von der Leistung aller Beteiligten
beeindruckt, dass ich dadurch ein wenig vom Abschiedsschmerz abgelenkt war. Wenigstens hatte
ich mich diesmal beim Maskenball so gut im Griff, dass ich da nicht wieder
heulen musste, das hat mich sogar selbst schwer gewundert. Diese Szene habe
ich richtig genossen, noch einmal die vielen bunten Kostüme und die
Choreographie - das wird mir sehr fehlen. Christian kam als
Roter Tod bedrohlich die Treppe hinunter und mir fiel wieder auf, dass er
mittlerweile viel mehr mit seiner Körpersprache ausdrückte. Die zweite
Managerszene verging dann auch irgendwie wie im Flug, Anne gefiel mir darin
sehr gut, es machte einfach Spaß, ihr zuzusehen. Ich kann das schwer
ausdrücken, sie stellte ihren inneren Zwiespalt sehr schön dar: einerseits
will sie sich von allem befreien, andererseits ist sie entsetzt über Raouls
Plan und sie will es nicht auf diese Weise enden lassen. Das kann man so
schwer beschreiben, weil Annes Spiel so komplex war, es war einfach
interessant, sich das anzusehen. Die Probe zu Don
Juan heiterte mich wieder etwas auf, dann folgte ein grandioses „Könntest du
doch wieder bei mir sein“, da saß ich in meinem Sessel und habe wirklich die
Luft angehalten. Das Phantom trat aus dem Kreuz hervor und Christian nahm
seinen Hut ab, um diesen da oben bei „Hilfloses Kind“ auf den Boden zu legen.
Keine Ahnung, ob er das schon länger so gemacht hat und vor allem warum, das
hatte ich zuvor eigentlich noch von keinem Phantom gesehen. War aber in
diesem Fall auch egal, viel wichtiger war das Knistern, das auf einmal wieder
zwischen Christine und dem Phantom vorhanden war, das hat man richtig
gemerkt, selbst noch als Raoul dazwischen ging. Der hatte Mühe, Christine von
da loszureißen, so dass sie wieder zur Besinnung kommt. Die Premiere von
Don Juan begann und ich war gespannt auf die Szene zwischen Christine und dem
Phantom; aber auch hier konnte ich mich diesmal wirklich nicht über Christian
beschweren, der hat das ganz toll gespielt. Ich dachte mir noch: endlich
arbeitet er mit seinen Händen! Man konnte seine Gefühle ganz genau sehen,
wenn man seine Hände beobachtete und er reagierte wirklich auf jedes Wort,
das Anne sang. Bei Anne hatte ich auch den Eindruck, dass ihre Christine das
Phantom vielleicht schon an der Stimme erkennt, sie spielte das aber anders
als zum Beispiel Martina Rumpf – bei der war es eindeutig. Anne zeigte mehr
zwischendurch so ein kurzes Zögern nach dem Motto: Irgendetwas stimmt hier
nicht, dann machte sie aber wieder ganz normal weiter. Die „Bank“ war dann
auch sehr interessant, da ging es wirklich zur Sache J Schön auch, wie bei
der anschließenden Ringübergabe bei beiden die Hände zitterten. Im Final Lair konnte
ich dann einmal mehr Christians hervorragende Entwicklung beobachten,
überhaupt kein Vergleich mehr zu meinem letzten Besuch. Er setzte wieder so
viel Körpersprache und Mimik ein, das hat mich schon fasziniert. Die ganze
Konstellation Christian, Anne und Nikolaj war die Wucht, die haben in dieser
Szene gesungen und gespielt, als ginge es um ihr aller Leben. Das war
wirklich eine Tragödie, die sich da auf der Bühne vor unseren Augen
abspielte, es war wohl jeder im Zuschauerraum wie gefesselt. Der Kuss hatte es
dann auch in sich in seiner Intensität. Vor allem dann, als das Phantom den
zweiten Kuss erwiderte und Christine dabei fest an sich zog, sie richtig in
die Arme nahm und streichelte - das war mal schön mit anzusehen, weil es das
ja auch nicht gerade alle Tage gibt J Nikolaj in seinem
Seil war zu diesem Zeitpunkt angesichts dieses Kusses auch komplett in Tränen
aufgelöst und sein Raoul tat mir so Leid, weil er sich diesen Kuss ansehen
musste und nichts dagegen tun konnte. Das Phantom
befreite Raoul und schickte ihn mit Christine fort, aber Christine ließ sich
von Raoul nur schwer zum Gehen überzeugen, das Phantom musste sie regelrecht
hinausjagen. Alleine blieb er zurück und als Christine noch einmal
zurückkehrte, hatte er noch einmal Hoffnung – aber sie brachte ihm nur seinen
Ring wieder und ging schweren Herzens. Noch ein letztes
Mal Christians stimmkräftiges Finale, dann setzte er sich in seinen Thron,
zog den Umhang über sich und zurück blieb nur die weiße Maske…dann war alles
vorbei. Das begeisterte
Dernierenpublikum bedankte sich bei den Darstellern für diese wirklich
großartige Show mit Standing Ovations, es gab viele Blumen für die Cast und
ein Abschiedslied mit Orchesterunterstützung des Essener Phantom Fanclubs,
bei welchem aber auch die übrigen Zuschauer mitwirken durften. Alles in allem muss
ich sagen, dass ich in Essen ein unvergessliches Dernieren-Wochenende erleben
durfte mit einer wirklich großartigen Cast. Ich bin sehr froh, dass ich das
noch einmal erleben durfte, ich möchte es nicht missen und auch wenn nun
alles vorüber ist, werde ich mich immer wieder gerne an das Phantom in Essen
zurückerinnern. Ich bin noch immer in der Hoffnung, dass das Phantom in ein
paar Jahren wieder in Deutschland gespielt werden wir und würde mich auch sehr
freuen, dann dort wieder bekannte Gesichter aus Essen wiederzusehen. © Mirjam Pauser, 12.03.2007 |