Gudrun Kauck: Ian Jon Bourg, Kevin Tarte, Esslingen Webergasse Open Air

                       Esslinger Zeitung (online)  vom 06. Juli 2005:

 

Webergasse wird zum Broadway

 

ESSLINGEN: Vier Stars der Branche geben bei der "Musical Mile" am Sonntag ein Benefizkonzert

 

INTERVIEW MUSICALDARSTELLER IAN JON BOURG

 

Vor genau zehn Jahren wurde die Esslinger Webergasse zur Fußgängerzone. Dieser Geburtstag wird am Wochenende gebührend gefeiert: Am Sonntag verwandelt sich die historische Gasse ab 15.30 Uhr in eine "Musical Mile". Vier der namhaftesten und beliebtesten Musicaldarsteller Deutschlands haben sich für die Benefizaktion zu Gunsten des Vereins "Mini Notschule" zur Verfügung gestellt. Isabel Dörfler, Jessie Roggemann, Kevin Tarte und Ian Jon Bourg, der einst in Stuttgart als "Phantom der Oper" auf der Bühne stand, geben zunächst ab 15.30 Uhr eine Autogrammstunde und anschließend ab 18 Uhr ein zweistündiges Konzert auf dem Marktplatz. Was das Publikum erwartet, verriet Ian Jon Bourg im Gespräch mit Carla Buschmann

Herr Bourg, Sie haben sich spontan bereit erklärt, die "Musical Mile" zu unterstützen. Was waren Ihre Beweggründe ?

Bourg:

Als Künstler hat man die Möglichkeit, ein großes Publikum für eine gute Sache zu gewinnen. Und besonders wenn es um Kinder geht, nehme ich jede Gelegenheit, dies zu tun, gerne wahr.

Das Programm am Sonntag bietet einen Querschnitt durch die Welt des Musicals. Was werden wir von Ihnen hören ?

Bourg:

Wenn ich das schon verraten würde, wäre die Spannung weg. Aber ich kann soviel sagen, dass neben den Highlights aus aktuellen Produktionen eine Reihe von Stücken präsentiert werden, die man eher seltener hört, die aber einen ebenso hohen Wiedererkennungswert haben, wenn auch nicht für jeden im Zusammenhang mit Musical.

Ihre Erfolgsrolle ist zweifellos die des Phantoms der Oper. Den Eric spielen zu dürfen, ist fast so etwas wie ein Ritterschlag in der Musicalwelt.

Bourg:

Das ist wahr. Jeder Darsteller, der das Phantom spielt, hat damit einen Höhepunkt erreicht, der kaum noch Wünsche offen lässt. Allerdings setzt das voraus, dass er den schauspielerischen und besonders den gesanglichen Voraussetzungen dieser eher klassisch angelegten Rolle gewachsen ist.

Sie spielen das Phantom seit nunmehr fast 11 Jahren in Deutschland und sind in der neuen Produktion in Essen wieder in der Hauptrolle zu bewundern. Wird das nicht irgendwann zur Routine ?

Bourg:

Nein, das Phantom bietet so viele Facetten und Interpretationsmöglichkeiten, dass Routine oder gar Langeweile gar nicht aufkommen können. Und zudem ist jeder Castwechsel eine neue Herausforderung für alle Darsteller, da man sich auf das jeweilige Gegenüber neu einstellen muss. Das macht den Reiz ja erst aus und je besser man sich mit einer so komplexen Rolle befassen kann, umso sicherer und freier kann man sich innerhalb des vorgegebenen Rahmens bewegen.

Sie haben Ihre Ausbildung in den Vereinigten Staaten absolviert. Gibt es gravierende Unterschiede zu der Ausbildung hier in Deutschland ?

Bourg:

In den Staaten ist die Ausbildung von vorn herein sehr breit gefächert. So habe ich zum Beispiel von Anfang an Schauspiel, Tanz und Gesang mit gleicher Gewichtung im Gesamtprogramm erlernt. Auch wird nicht reines Musicalrepertoire erarbeitet. Es teilt sich viel mehr zu fast gleichen Teilen in Musical und Oper. Für Rollen wie das Phantom ist das notwendig, um ihnen darstellerisch gerecht werden zu können.

Sie unterrichten selber an der Stage Door Theater- und Musicalschule, versuchen Sie diesen Unterrichtsstil auch hier zu verwirklichen ?

Bourg:

Ich gebe in erster Linie Gesangsunterricht. Die Grundlage für alles ist eine gute Technik. Bevor dies nicht gegeben ist, habe ich als Sänger, egal ob auf der Bühne oder zu Hause bei der Gartenarbeit, nur einen Bruchteil an Interpretationsmöglichkeiten. Das Repertoire, mit dem ich arbeite, richtet sich nach den individuellen Wünschen und Fähigkeiten meiner Schüler. Nicht jeder will auf die große Bühne, manche wollen nur für sich und weil es Spaß macht, guten Unterricht haben - und die sind uns ebenso willkommen wie zukünftige Kollegen.

Werden wir Sie irgendwann auch mit klassischem Repertoire bewundern können ?

Bourg :

Wir werden sehen, was sich in der nächsten Zeit ergibt. Jetzt geht es wie gesagt erst einmal nach Essen. Aber ein klassisches Konzertprogramm wäre sicher sehr interessant und so ein bisschen "Back to the Roots" würde mir Spaß machen. Sehen wir, was kommt.

 

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                  Esslinger Zeitung (online), 12. Juli 2005:

 

Kunstgenuss mit kleinen Hindernissen

ESSLINGEN: "Musical Mile Webergasse 2005" auf dem Marktplatz - Regen tut der Stimmung keinen Abbruch

Von Peter Eltermann

"Wir fangen an." Die erlösenden Worte kamen von Carla Buschmann. Nachdem der Beginn des Benefizkonzertes auf dem Esslinger Marktplatz wegen des wolkenbruchartigen Regens um eine halbe Stunde nach hinten verschoben wurde, löste sich die Spannung im Publikum und machte begeistertem Enthusiasmus Platz. Mittlerweile hielt sogar das große Kuppelzelt dem Regen nicht mehr Stand und es tropfte munter auf die Zuhörer herab. Das blieb auch während des gesamten ersten Teils des Programms so, aber die eingeladenen Künstler, allesamt gefeierte Musicalstars, ließen diese Unannehmlichkeit schnell vergessen.

Publikum ist hin und weg

Mit diesem Konzert wurde der zehnte Jahrestag der Webergasse als Fußgängerzone gefeiert. Carla Buschmann, die die Kontakte zu den Künstlern hergestellt hatte und für die Organisation des Abends verantwortlich war, zeigte sich mit dem Ablauf insgesamt zufrieden: "Sicher wäre ein wolkenloser Abendhimmel für unsere ,Musical Mile Webergasse 2005' besser gewesen, aber die Stimmung war trotzdem großartig." Und recht hatte sie. Kevin Tarte eröffnete das Programm und riss die Zuschauer innerhalb kürzester Zeit mit seinem "This ist the moment" mit, um gleich darauf ein begeisterndes "Happy Days are here again" mit seiner Duettpartnerin Isabel Dörfler anzustimmen. Die charmante Sängerin sorgte augenzwinkernd für leicht Anrüchiges mit dem deutschen Titeln "Liebe ganz allein" oder "Stefan", für das extra ein Zuschauer als Komparse auf die Bühne geholt wurde. Nicht minder stimmgewaltig präsentierte Jessie Roggemann "Schafft mir die Männer her" aus dem Musical "Dr. Jekyll and Mr. Hide". Aus dem "Tanz der Vampire" trug sie zusammen mit Kevin Tarte das bekannte "Tonight" vor, bevor sie mit "Ich gehör nur mir" den Bogen zu dem deutschen Musical "Elisabeth" schlug. Ian Jon Bourg zeigte seinerseits mit "Heaven on their minds" aus "Jesus Christ Superstar", der "Anthem" aus "Chess" oder dem "Can you feel the love tonight" aus "König der Löwen" eine große Bandbreite stimmlichen Könnens.

Unterstützung für Mini-Notschule

Nach der Pause kam der Chor der Esslinger Zollberg-Realschule auf die Bühne, um einige Musicalmelodien auf beachtlich hohem Niveau und mit ungezwungener Leichtigkeit zu präsentieren. Ihre Musiklehrerin Christina Max war begeistert über die Motivation und die Begeisterung, mit der die jungen Sänger seit April an den Stücken geprobt hatten. In einer launigen, kurzen Ansprache dankte Oberbürgermeister Jürgen Zieger als Schirmherr den Besuchern für ihr Kommen, wodurch sie den Verein "Mini-Notschule", für den das Benefizkonzert veranstaltet wurde, unterstützten. Den Abschluss des Programms bildeten dann wieder die mitreißenden Musicalstars.

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