Gudrun Kauck: Wolfgang Hohlbein, Tochter der Himmelsscheibe, Autorenlesung, Bad Soden                          

 

 

 

18 Fragen an Wolfgang Hohlbein

 

- und 18 sehr ausführliche Antworten von Wolfgang Hohlbein J -

 

 

nach der Autorenlesung in Bad Soden

am 31. Mai 2005

 

  1. Sie haben so viele phantastische Bücher geschrieben, warum wurde noch keines verfilmt?
  2. Wie lange schreiben Sie an einem Buch, z.B. „Die Tochter der Himmelsscheibe“?
  3. Schreiben Sie alleine oder hilft Ihnen jemand?
  4. Wenn sie so viel schreiben, kommen Sie eigentlich noch selbst zum Lesen?
  5. Welches Buch ist Ihnen das liebste?
  6. Wie schreiben Sie Ihre Romane? Gleich in den Computer oder noch mit Hand?
  7. Kann man Ihre Schrift denn auch lesen?
  8. Und wie ist es mit der Rechtschreibung?
  9. Schreiben sie mittlerweile schon wieder an einem neuen Buch?
  10. Wie sind Sie auf die „Anders-Sage“ gekommen?
  11. Chronik der Unsterblichen – da ist das siebte Buch zuletzt erschienen, oder?
  12. Wann schreiben Sie?
  13. Was ist der Auslöser für ein Buch? Woher kommt die Idee zu einem Buch?
  14. Gab es auch ein besonderes Ereignis, dass Sie dann „Thirteen“ geschrieben haben?
  15. Können Sie es sich auch vorstellen, für ein Fantasy-Rollenspiel einmal die Story zu schreiben?
  16. „Dunkel“ – warum ist es völlig anders als vergleichbare Vampirgeschichten?
  17. Welche Art von Büchern lesen sie selbst?
  18. Sind sie manchmal auch so von Ihren Geschichten gefesselt, dass Sie träumen wie’s weitergeht?

 

 

So, es haben ja fast alle durchgehalten. Falls Sie jetzt noch Fragen haben zu dem Roman, stehe ich gerne noch zur Verfügung. (allgemeines Schweigen – verlegenes Hüsteln) In der ersten Minute traut sich immer keiner zu fragen.

 

1.  Sie haben so viele phantastische Bücher geschrieben, warum wurde noch keines verfilmt?

 

Hohlbein: Das hab ich mich auch schon gefragt. Also einer der Gründe bin ich selber, weil ich bisher immer, und dabei bleib ich auch, darauf bestanden habe, ein gewisses  Mitspracherecht bei den Filmen erhalte. Ich würde nicht soweit gehen, dass ich sage, ihr dürft machen, was ihr wollt. Einige konkrete Projekte sind daran schon gescheitert, weil sich Regisseure und Produzenten nichts Schlimmeres vorstellen können als Autoren, die da rumsitzen und meckern, weil der Held  plötzlich ein grünes Hemd an hat anstatt ein blaues. Soweit will ich’s gar nicht treiben. Ich wollte eben  nur die Kontrolle behalten über …… dass die ganzen Katastrophen, die wir schon mal erlebt haben im Fernsehen oder auf der Kinoleinwand, nicht passieren. Ein anderer Grund war bis vor ganz wenigen Jahren oder Monaten eigentlich, dass gerade die Geschichten, die ich schreibe, doch meistens sehr aufwändig sind, sehr große ……. Und dadurch sehr teuer, weil wir sehr große Tricksequenzen benötigt hätten. Das hat sich jetzt in den letzten zwei, drei Jahren eigentlich geändert und im Moment gibt es auch wieder ganz, ganz ernsthafte Bestrebungen eine Geschichte zu verfilmen. Ich hab vor fünf Jahren schon mal ganz stolz erzählt, wir drehen das-und-das-Buch und im nächsten April fangen wir an zu drehen – ich hab vergessen zu erwähnen in welchem April. Deswegen werde ich jetzt nichts sagen, wobei es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in den nächsten zwei Jahren ein Verfilmung gibt.

 

2.  Wie lange schreiben Sie an einem Buch, z.B. „Die Tochter der Himmelsscheibe“?

 

Hohlbein: Das kann ich so gar nicht beantworten. Also ich habe das Glück, wenn eine Geschichte gut läuft, dass ich sehr schnell schreibe. Ich schätze mal, reine Schreibzeit habe ich nicht länger als drei Monate gebraucht, um das Buch zu schreiben. Aber das ist natürlich nicht alles. Es sind vorher und auch währenddessen immer wieder Zeiten gewesen, in denen ich recherchieren musste. Ich bin auch mehrmals in Halle im Museum gewesen, hab mir die Schreibe genau angeschaut und mich in der Gegend ein bisschen kundig gemacht, obwohl das natürlich eigentlich sinnlos war, denn heute sieht es dort garantiert anders aus als vor 3600 Jahren. Aber das gehört einfach dazu, um sich so ein bisschen in die Geschichte einzufinden. Von der Idee bis zu dem Zeitpunkt wo ich das Buch dem Verlag übergeben habe, sind schon 1 ½ Jahre vergangen, aber es ist nicht so, dass ich nun diese ganzen 1 ½ Jahre gezielt und konzentriert an dem Buch gearbeitet hätte

 

3.  Schreiben Sie alleine oder hilft Ihnen jemand?

 

Hohlbein: Unterschiedlich – ich habe einige Bücher zusammen mit meiner Frau geschrieben und einige andere Bücher auch mit anderen Autoren, aber die allermeisten habe ich schon allein verfasst. Es kommt immer noch darauf an, wie Sie das Wort ‚Hilfe’ definieren, wenn ich natürlich abends mit nem Kollegen oder mit nem Freund da sitze und drüber rede oder er mir auch Dinge erzählt – oder es kommt auch vor, dass ich mal jemanden ins Museum schicke, um für mich dort zu recherchieren. Das kommt natürlich immer wieder mal vor. Den kreativen Teil der Arbeit mach ich natürlich allein. Es ist auch so, wenn ich z.B. Bücher zusammen mit meiner Frau schreibe, dass ich da auch alleine schreibe, aber dass wir zwischendurch sehr, sehr viel über die Geschichte reden – nicht nur über das, was schon geschrieben ist, sondern auch wie’s weitergehen könnte, dass wir unsere Ideen zusammenwerfen.

 

4.  Wenn sie so viel schreiben, kommen Sie eigentlich noch selbst zum Lesen?

 

Hohlbein: Doch, ich lese eigentlich sehr viel. Ich lese nach wie vor sehr, sehr viel – obwohl, nicht so viel, wie ich eigentlich möchte, klar. Im Grunde lese ich sogar mehr als früher. Das sieht jetzt auch so furchtbar viel aus, wenn man sieht, dass ich so um die 150 Titel veröffentlich habe. Es erschlägt mich manchmal selber, wenn ich so an meinem Regal vorbeilaufe, in dem meine Bücher drin stehen. Aber man darf nicht vergessen, dass das alles in über 20 Jahren passiert ist. Es gibt leider nur wenige Autoren, die das Glück haben, vom Schreiben leben zu können. Die allermeisten haben noch einen anderen Beruf, sind Journalisten oder auch Autoschlosser, und haben natürlich nicht annähernd so viel Zeit und Muße wie ich. Also ich habe mir nie die Mühe gemacht meine Arbeitszeit aufzuschreiben. Es gibt sicherlich Tage oder auch Wochen in denen ich  12 oder 14 Stunden am Tag arbeite und das  7 Tage die Woche, aber dazwischen sind dann auch Tage und Wochen, in denen ich gar nichts mache. Ich glaube übers Jahr gesehen, werde ich nicht mehr arbeiten als ein normaler Mensch, der ins Büro geht oder in die Werkstatt.

 

5.  Welches Buch ist Ihnen das liebste?

 

Hohlbein: Von meinen selbstverfassten meinen Sie jetzt? Das ist nach wie vor der Roman „Hagen von Tronje“. Ich persönlich halte ihn für meinen besten und das sagen die zwölf Leute, die ihn gelesen haben auch.

Zuschauer: Dreizehn

Hohlbein: Es ist tatsächlich eines meiner weniger erfolgreichen Bücher. Ich weiß nicht, woran das liegt. Vielleicht am Thema? – ich weiß es nicht, keine Ahnung. Also, wer ihn gelesen hat, dem gefällt er auch, vorausgesetzt er mag meine Bücher, natürlich. Man kann nur kräftig Reklame dafür machen. Es gibt aber nur sehr, sehr wenige Leute, die das Buch überhaupt kennen. Vielleicht liegt es tatsächlich ein bisschen am Thema. Es war gar nicht mal meine Idee, es war ein Vorschlag des Verlages einmal eine Nibelungen-Geschichte zu schreiben. Meine aller erste Reaktion war eigentlich auch: „Um Gottes Willen. Lasst mich bloß damit in Ruhe – hat man mich in der Schule genug mit gequält.“ Aber irgendwie habe ich dann doch Spaß an dem Thema gefunden und kam dann…… - eigentlich ne ganz nette Episode - ich hatte eigentlich schon „nein“ gesagt und wie’s der Zufall will, wenn es so etwas wie Zufall gibt, lief genau in dieser Woche ein eigentlich ganz schrecklicher Film im Fernsehen aus den 50er Jahren, so ein Zweiteiler über die Nibelungen. Man konnte den Pappdrachen sehen und die Kräne, die ihn gehalten haben, und der einzige Schauspieler in diesem Machwerk, der den Namen verdient, das war Wolfgang (heißt der nicht Siegfried??) Wischnevsky, den kennen vielleicht die etwas älteren hier noch, er spielte eben den Hagen. Und da kam ich auf die Idee die Geschichte aus der Sicht des vermeintlichen Bösen mal zu schreiben. Das hat mir so einen Spaß gemacht, dass er so ab Seite 30 gar nicht mehr so böse ist, sondern eigentlich der Held der Geschichte.

 

6.  Wie schreiben Sie Ihre Romane? Gleich in den Computer oder noch mit Hand?

 

Hohlbein: Das ist unterschiedlich, aber… also mindestens 80% eines Stückes schreibe ich nach wie vor auf die althergebrachte Methode auf Papier. Mittlerweile nicht mehr unbedingt auf Papier, es gibt auch sehr gute  elektronische Texterfassungs-Systeme, wo man mit Spezialstift auf PC schreiben kann. Aber so die Tätigkeit des mit der Hand Schreibens, das ist nach wie vor geblieben und das brauche ich auch. Wenn ich an der Tastatur sitze bin ich überhaupt nicht gut. Da fallen mir 10.000 Sachen ein, die ich machen könnte, bloß nicht schreiben. Manchmal diktier ich auch. Am meisten Spaß macht es mir aber und da bin ich auch am Kreativsten und erstaunlicher Weise auch am schnellsten, wenn ich mit der Hand schreibe.

 

7.  Kann man Ihre Schrift denn auch lesen?

 

Hohlbein: Ja, ich habe jemanden, der es für mich abtippt und auch hin und wieder einen Rüffel verpasst, wenn ich zu unleserlich werde. Aber das habe ich mir inzwischen auch durch den Computer abgewöhnen müssen. Man muss für die Texterkennung eine relativ klare Handschrift haben.

 

8.  Und wie ist es mit der Rechtschreibung?

 

Hohlbein: Also ich habe nichts gegen die neue deutsche Rechtschreibung. Ich schreib auch vieles so, habe vieles immer schon so geschrieben. Ich bin aber nun über 50 und habe in diesem zarten Alter keine Lust mehr, schreiben neu zu lernen. Dafür gibt’s hochbezahlte Leute in den Verlagen.

 

9.  Schreiben sie mittlerweile schon wieder an einem neuen Buch?

 

Hohlbein: Ja, ich müsst eigentlich längst fertig sein. Das Buch soll im September erscheinen. Ich liege sozusagen in den letzten Zügen.

 

10.  Wie sind Sie auf die „Anders-Sage“ gekommen?

 

Hohlbein: Das ist eine ganz witzige Geschichte. Also das ist ungefähr drei Jahre her, da saß ich mit einem Freund und meinem Verleger in München in einem Biergarten und wir haben einfach überlegt, was wir als nächstes Buch machen. Für eine reine Fantasy-Geschichte hatten wir alle keine Lust zu – ich schon gar nicht. Das einzige was bei diesem feuchtfröhlichen Abend heraus kam, das war der Entschluss, das nächste Buch muss anders werden. Auf der Rückfahrt fiel mir ein, dass „anders“ nicht nur ein Wort ist, sondern auch ein schöner Name und das war alles. Und dann habe ich angefangen zu schreiben, mit dem einzig festen Vorsatz, mich an keine Regeln zu halten und ganz bewusst eine wilde Mischung aus Science Fiction, Fantasy, ein bisschen Horror und die klassische Abenteuergeschichte. Alles, was ich wirklich wusste, war die Szene: ein eigentlich wohlbehütet aufgewachsener Junge - ein eingebildeter reicher Schnösel, wenn man so will – wird aus seinem normalen Leben herausgerissen und in eine Situation geschubbst, aus der er selbst und ich auch nicht wusste, wie er wieder herauskommen sollte. Ich hab dann einfach wild drauf los geschrieben und das ist der Grund, warum das Buch auch etwas länger geworden ist. Es war keineswegs geplant, vier Bücher draus zu machen, aber 1900 Seiten bekommt man beim besten Willen nicht mehr zwischen zwei Buchrücken. Da wurde es dann halt ein Vierteiler. Es ist aber keine Reihe oder keine Serie, sondern eine durchgehende Geschichte, die nahezu willkürlich getrennt worden ist.

 

11.  Chronik der Unsterblichen – da ist das siebte Buch zuletzt erschienen, oder?

 

Hohlbein: Das achte ist gerade erschienen – so vor vier Wochen.

Frage: Geht das jetzt noch weiter?

Hohlbein: Ja, das geht sicherlich noch weiter – aber so lange nicht. Irgendwann wird das Rätsel aufgelöst, das hinter dem Ganzen steckt, hinter der Existenz der Beiden. Es muss also zumindest noch einen Schlussband geben, wobei ich nicht die geringste Ahnung habe, wie viel. Es war auch überhaupt nicht als Serie geplant. Es war auch nur als einzelne Geschichte geplant und ich wollte eigentlich auch nicht mehr schreiben, weil im Grunde hat mir die Sache mit Vampir und so nie so richtig gefallen. Deshalb habe ich dann versucht eine Mischung aus Vampirgeschichte, einem historischen Roman und so ein bisschen das Unheimliche an Sachen zu machen. Und das hat mir dann im Grunde so einen Spaß gemacht, dass der erste Band im Grunde viel zu lang geworden ist. Deshalb hat der Verlag ihn geteilt und zwei daraus gemacht. Ich hab dann im nach hinein so ein Ende hinzugefügt, damit man sie auch unabhängig voneinander lesen kann. Und dann ist etwas ganz komisches passiert. Schon nach dem ersten Band gab es begeisterte Zustimmung von Lesern und Briefe, die wissen wollten wie’s weiter geht. Und ich selbst hab mich auch so ein bisschen in die beiden Figuren verliebt und es gibt jetzt keinen Plan wo ich sage, ich mache jetzt jedes Jahr einen oder zwei oder alle zwei Jahre einen – deshalb erscheinen sie auch so unregelmäßig. Immer wenn ich glaube eine neue Geschichte zu haben, eine neue Idee zu haben, mache ich wieder einen Band. Letztendlich so lange es mir Spaß macht und die Leser es möchten, wird es sicher weitergehen. Ich glaube nicht, dass das eine Endlos-Serie wird – zwei oder drei Geschichten wüsste ich schon noch.

 

12.  Wann schreiben Sie?

 

Hohlbein: Eigentlich fast nur nachts. Das ist noch so ein Überbleibsel von früher, wo ich nur eine kleine Wohnung hatte. Trotzdem aber schon Frau und Kinder – tagsüber ging es gar nicht. Ich hatte einfach keinen Platz mich in ruhe hinzusetzen. Mittlerweile ist die Wohnung zwar etwas größer geworden, aber ich hab mich einfach so dran gewöhnt, abends und meistens noch bis in die frühen Morgenstunden zu arbeiten, dass ich diesen Rhythmus beibehalten habe. Für mich persönlich – ich empfinde das immer als sehr angenehm. Ich habe meine Ruhe, der innere Schweinehund ist nicht so stark, der mir noch erklären könnte, dass es doch tausend schönere dinge gibt, die ich tun könnte, und es rufen doch nicht so viele Leute nachts um Zwei an als nachmittags. Das ist so meine kreativste Zeit. Außer im Urlaub, komischer Weise, im Urlaub stehe ich meistens um 6 Uhr auf und fange an zu arbeiten.

 

13.  Was ist der Auslöser für ein Buch? Woher kommt die Idee zu einem Buch?

 

Hohlbein: Das kann ich Ihnen jetzt gar nicht mal so sagen. Was jetzt genau der Auslöser war, das weiß ich nicht. Das ist ohnehin eine der meist gestellten Fragen, wo meine Ideen so herkommen. Ich wundere mich, dass sie heute noch keiner gestellt hat, aber ich beantworte sie mal trotzdem. Vieles ist tatsächlich einfach da. Wie man so schön sagt, fällt einem ein. Manchmal entsteht es auch aus einem Gespräch oder einer Anregung Dritter hin, oder aus Szenen, kleinen Geschichten oder Bildern, die ich selbst sehe, aber es gibt keine richtigen Quellen. Ich kann bei manchen Büchern sagen, wo die Idee herkommt. Also hier zum Beispiel, aber bei vielen weiß ich einfach nicht mehr wo die Ideen herkamen. Man kann sich Erklärungen zurechtbasteln und manchmal mag die auch stimmen, aber sicherlich sind manche Themen auch einfach nur da. Das ist ja auch ganz seltsam mit der Himmelsscheibe. Die Entdeckung ist ja inzwischen schon 4 oder 5 Jahre her, und jetzt in diesem Frühjahr sind drei Bücher darüber rausgekommen. Es hat eben so lange gedauert, bis sich das rumgesprochen hat. Aber jetzt gerade die Geschichte mit der Himmelsscheibe, da weiß ich es ganz konkret, dass es in einem Gespräch zwischen meinem Verleger und mir entstanden. Wir interessieren uns beide so ein bisschen für Archäologie, was jetzt nicht heißt, dass ich ein Spezialist bin, eher interessierter Laie. Und wir sprachen über diese Scheibe und kamen dabei auf die Idee eine Mischung aus historischem Roman zu schreiben, soweit man das kann – sehr vieles ist über die Zeit damals ja nicht bekannt – wobei phantastische Einflüsse hier kaum drin sind. Es wird also garantiert wenig gezaubert, es kommen keine Drachen und Feen vor. Der phantastische Teil sind vielleicht die beiden Hauptpersonen, Ari und ihre Mutter, die in meiner Geschichte – das kann ich jetzt ruhig verraten, weil es auf der übernächsten Seite steht – die beiden letzten Überlebenden einer Kultur sind, die eben zwanzig Jahre vorher untergegangen ist. Und sie haben sich eben mit ihrem Wissen und dieser Sonnenscheibe – die aber in diesem ersten Teil der Geschichte noch keine Scheibe, sondern ein Schwertknauf ist – zu diesem Volk gerettet und haben gedacht, sie könnten ihnen was Gutes tun mit ihrem überlegenen Wissen. Das geht aber natürlich gründlich schief. Und das ist also die Geschichte, das war die Grundidee, die wir hatten – mehr nicht. Und daraus hat sich der Rest der Geschichte dann entwickelt. Und so arbeite ich eigentlich fast immer. Ich habe selten mehr als eine wage Idee, manchmal nicht mal das. Manchmal habe ich nur den Titel und lass mich dann selber überraschen, was passiert.

 

14.  Gab es auch ein besonderes Ereignis, dass Sie dann „Thirteen“ geschrieben haben?

 

Hohlbein: Naja, das war eben – das mit der Dreizehn. Das sind zwei Gründe: das ist schon relativ lange her, ich weiß gar nicht mehr wie lange? Zehn Jahre müssten das schon sein. Es haben sich viele Leser gerade meiner Jugendbuchreihe beschwert, dass es immer nur Männer oder Jungs als Helden gibt. Da wir uns, meine Frau und ich, dass wir einmal eine Geschichte mit einem Mädchen als Hauptperson schreiben wollen. Obwohl, bei den Jugendbüchern ist das völlig egal, da geht es ja nicht um Geschlechterkampf oder Emanzipation, deswegen ist das völlig gleich, ob das nun ein zwölfjähriges Mädchen oder ein zwölfjähriger Junge ist. Und das mit der Dreizehn war mehr oder weniger Zufall. Wir steigen immer im gleichen Hotel ab, wenn wir in Wien sind, das die Hausnummer 13 hat und ob das die Tücke des Objektes oder des Portiers ist, wir kriegen immer das Zimmer mit der Nummer 13. Das war eigentlich der Auslöser – auch diese Kleinigkeiten rauszusuchen, die es mit der Zahl 13 auf sich hat. Zum Beispiel, dass es in den meisten Flugzeugen keine Reihe mit der Nummer 13 gibt oder in vielen Hotels keine 13. Etage. Das bedeutet jetzt nicht, dass ich abergläubisch bin, aber es ist doch ganz witzig, wenn so nachforscht und viele Kleinigkeiten, die so in unser Leben reinspielen, ohne dass wir es merken.

 

15.  Können Sie es sich auch vorstellen, für ein Fantasy-Rollenspiel einmal die Story zu schreiben?

 

Hohlbein: Eigentlich nicht. Einen solchen Versuch habe ich schon gemacht. Da war es ein bisschen anders rum, da habe ich zusammen mit Werner Tenning ?einen Roman zu einem Rollenspiel geschrieben – das „Schwarze Auge“ – wird sicher jemand kennen. Das habe ich ganz bewusst zusammen mit Werner Tenning gemacht, weil er nämlich einer der Erfinder des Spieles ist und dieses gigantische Regelwerk auswendig kennt. Ich habe mich da wirklich auf den schreiberischen Teil, ja auf den Romanteil verlegt und er hat natürlich auch einen großen Teil des Textes geschrieben und auch darauf geachtet, dass das mit den Spielregeln überein stimmt, dass dich die Figuren das richtige machen lasse. Ich glaube nicht, dass ich das alleine könnte und irgendwie würde ich das auch gar nicht wollen. Ich hab früher selber von mir geglaubt, dass ich eigentlich ein großer Fan von Rollenspielen sein müsste, aber ehrlich ich bin manchmal sozusagen als Beobachter dabei und habe auch ein – zwei Mal mitgespielt, aber große Begeisterung ist bei mir dafür nicht vorhanden. Vielleicht ist das, was ich mache, den Rollenspielen zu ähnlich, weil ich ja auch in eine fremde Haut schlüpfe – und dann wäre es für mich ja ein Schritt zurück, weil ich mich nach fremden Regeln richten müsste, die ein anderer sich ausgedacht hat.

 

16.  „Dunkel“ – warum ist es völlig anders als vergleichbare Vampirgeschichten?

 

Hohlbein: Aus dem gleichen Grund, den ich grad schon mal über die „Chronik der Unsterblichen“ gesagt habe.  Ich finde diese klassische Vampirgeschichte mit irgendwelchen Leuten, die sich nachts in Fledermäuse verwandeln und dann durch Dachfenster geflogen kommen, ziemlich dämlich. Ist ja auch im Original nicht ganz so dumm  - Bram Stokers „Dracula“. Er unterscheidet sich schon so ein bisschen von den anderen, die später kamen. Und wie gesagt, dann hab ich eben versucht, in beiden Projekten, die Geschichte mal ein bisschen anders zu erzählen. Und das hat dann wiederum Spaß gemacht. Es hat ja auch zum Teil einen realistischen Hintergrund für diesen Vampirkult, aber den verrat ich jetzt nicht, weil das die Story meines nächsten Buches ist.

 

17.  Welche Art von Büchern lesen sie selbst?

 

Hohlbein: Im Großen und Ganzen die gleiche Art von Büchern wie ich sie auch schreibe, ein bisschen Phantastisches, auch schon mal einen historischen Roman und was ich auch gerne lese, ist mal ein richtig guter Thriller. Das kann ich nämlich selber nicht – hab ich schon versucht. Sonst aber mehr oder weniger die gleichen Geschichten. 

 

18. Sind sie manchmal auch so von Ihren Geschichten gefesselt, dass Sie träumen wie’s weitergeht?

 

Hohlbein: Nein, leider gar nicht. Ich fände das ja gut. Angeblich träumt ja jeder Mensch mindestens zwei- bis dreimal in der Nacht, aber ich weiß sie nicht mehr. Außer einem einzigen Traum - einem Alptraum – an den ich mich erinnert hab. War ein ganz schlimmer Alptraum. Ich war damals krank und hatte Fieber. Auf den hätte ich gerne verzichtet. Aber ansonsten leider gar nicht.

 

Ja, wenn sonst keine Fragen mehr sind, würde ich vorschlagen, dass wir diesen offiziellen Teil hiermit beenden. Ich stehe Ihnen draußen gerne noch für weitere Fragen oder auch Buchsignierungen zur Verfügung. Ich möchte mich bei allen bedanken, dass sie trotz des schönen Wetters gekommen und so lange geblieben sind. Danke!

 

 

Hesseldorf, 03.06.2005 – G.K.

 

 

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